Das Wettringer Modellbauforum

Dienstag, 02:15, C2 Loop, Tokio, 120 KM/H.
Ein einsamer Mazda RX-7 fährt auf der Tokioter Stadtautobahn richtung Kasai. Die Lichter reflektieren wie Stroboskoplampen auf dem pinken Lack einer der schönsten Japanischer Sportwagenmodelle der Neunziger Jahre. Der Wankelmotor brüllt wie ein überdimensionierter, wütender Moskito während der modifizierte FD3S an den wenigen LKW's vorbeizischt, die um diese Uhrzeit noch unterwegs sind. Ungeachtet der Uhrzeit ist der Fahrer wach und konzentriert, teils wegen dem dritten Eiskaffee den er vor 14 Minuten an einem Kaffeeautomaten gekauft hat, aber zum grössten Teil weil er nur darauf wartet dass ER aufkreuzt. "5 Stunden.." Denkt sich der Fahrer. So lange hat er an der Einstellung seines 13B Wankelmotors gearbeitet um den "Pink Spider" perfekt für die Nacht vorzubereiten. Um IHN endlich zu schlagen.

ER ist ein Chirurg. Bei Tag. In der Nacht kommt es raus, das zweite Gesicht. Nachts, wenn der Wangan leer ist, kann ER endlich abschalten.

Der RX-7 fährt vom C2 runter auf die Wangan Route B, mit Ziel "Tatsumi Parking Area". Dort wird er IHN wiedersehen. Blackbird. Doch so weit kommt es gar nicht.

Der Fahrer des Pink Spider wird kurz vom aufleuchtenden Fernlicht geblendet, schaut in den Rückspiegel und sieht die schwarze Silhouette seines Rivalen. Dort ist er, der Porsche 930.
Langsam nähert sich der Porsche und fährt rechts an den RX-7 ran. Beide fahren 120KM/H, sind auf gleicher Höhe, die Strasse ist frei. Sie wissen was passiert, sobald sie die Ausfahrt "Tatsumi PA" erreichen. Es ist soweit.

Langsam verschwimmt alles um die beiden herum, die Konzentration ist auf dem Höhepunkt und die Fahrer bereit, die Ruhe vor dem Sturm. Dann passiert es.

Der Porsche spuckt Flammen, als der Chirurg herunter in den zweiten Gang schaltet, die Kupplung kommen lässt und das Gaspedal sanft herunterbewegt. 5500 Touren, 5800, 6000, 6200, 6400. Das Abblasventil zischt beim nächsten Gangwechsel, die beiden Fahrzeuge fahren inzwischen schon 200KM/H und ein Ende ist nicht in Sicht. 250. 265. 280KM/H...290KM/H.. Bei der Ausfahrt Tokai sind die Fahrzeuge schon fast bei 300KM/H, bis die Entscheidung kommt.. Der Mazda hängt bei 305,4KM/H, er könnte noch schneller aber der Fahrer lässt ab vom Gas. Würde er noch weiter Gas geben, wäre der 13B hin. Überhitzt. Obwohl der Drang nach Geschwindigkeit, der Wille zu Gewinnen ihn darauf drängt weiter zu machen, lässt er es sein. "Nächstes mal, Liebling." denkt sich der Fahrer. "Nächstes mal kriegen wir Ihn!"
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Einige von euch denken sich jetzt "Was war das denn, schreibt der hier einen Roman?". Kann ich verstehen, es ist aber nicht der Fall. Ich möchte euch den Mid Night Club vorstellen.


Im Japan der 80er und 90er Jahre war der "Mid Night Club" eine Geheimorganisation, die sich der Beschleunigung und der Geschwindigkeit verschrieben hatte. Sie bestand aus Männern aus den verschiedensten Schichten, es waren Mechaniker und Ladenbesitzer, Yakuza und Ärzte, Anwälte und Firmenchefs. Jede Nacht die Sie opfern konnten, fuhren sie mit Ihren getunten Autos auf die Autobahn um zu sehen, wer der Schnellste ist.


Es war aber nicht wie heutzutage, ein paar Kids treffen sich mit Ihren Honda Civics in der Stadt und fahren Illegale Strassenrennen. Um in den Mid Night Club aufgenommen zu werden, musste man ein Fahrzeug vorweisen welches mindestens 250KM/H fahren und für einen bestimmten Zeitraum halten konnte, ohne zu überhitzen. Aber das war nicht alles. Es war auch sehr schwer reinzukommen, wenn man dieses Kriterium erfüllen konnte, denn man musste zudem ein absolut reinen Strafregister vorweisen, beweisen, dass man sein Fahrzeug unter den gegebenen Geschwindigkeiten unter Kontrolle hatte. Man musste einen Eid schwören, dass man niemanden vom Mid Night Club erzählt, dass man sich nie über seine privaten Gelegenheiten unterhält und sein wahres Ich nie präsentiert. Sollte je einmal was passieren, so war der Fahrer schuld, und kein Wort durfte an die Poizei dringen. Das wichtigste allerdings war: Es durfte NIEMALS ein unbeteiligter Schaden nehmen, und sollte doch mal etwas passieren so würde sich der Mid Night Club unverzüglich auflösen und nie wieder treffen.


Es gibt verschiedene Meinungen zu dem Mid Night Club und ähnlichen Organisationen und ich möchte in diesem Post nicht darauf eingehen. Es geht eher darum, was der Club für die Tuningszene geleistet hat.

Heute ist es ja so, dass man überwiegend Plug & Play Tuning macht. Du baust Teile ein, die Sachen werden schnell am PC optimiert, hupps wir haben 500PS. Damals war es aber noch eine ganz andere Geschichte, man musste wirklich alles noch selber machen. Die Mitglieder haben Wochen, Monate sogar Jahre damit verbracht ihr Fahrzeug zu optimieren und zu Individualisieren. Diese Männer haben den Grundstein für die Moderne Tuningszene gelegt und gerade das Fasziniert mich.

Mehr zu dem Club werde ich im Laufe der Zeit schreiben. Das war nur mal ein erster Anreiz um zu sehen, ob es ein Interesse dafür gibt oder nicht

Danke für's lesen und auf bald! Hier noch ein paar Bilder:


















PS: Die Informationen die ich verwende, beziehe ich aus erster Hand. Ich wurde darum gebeten, nicht über alles zu berichten und gewisse Sachen der breiten Öffentlichkeit zu enthalten und das werde ich alleine aus Respekt auch tun. Also wenn ich gewisse Sachen nicht beantworten kann, bitte nicht böse sein

Danke dir, ich sass auch ca. eine Stunde an dem Text

Wie gesagt, wenn mehr Interesse besteht schreibe ich auch gerne mehr. Wenn's aber sonst keinen juckt, lass ich es lieber. Soll ja schliesslich informieren und nicht ungelesen im endlosen WWW Archiv verschwinden, wo keiner was davon hat.

Ich arbeite parallel mit ein paar Leuten an einem Vollwertigen Fachartikel über das Thema, der jedoch in Englisch verfasst wird da wir im Englischsprachigen Raum schon ein recht grosses Publikum haben. Ich will es zwar auch ins Deutsche übersetzen, allerdings steht das noch in den Sternen. In Deutschland interessiert man sich halt mehr für die heimischen Legenden, verständlicherweise. Da hab ich aber auch noch einiges an Recherche und Interviews zu führen, bevor das auch nur annähernd was wird.

Danke noch mal für dein Interesse, wie gesagt ich hoffe du bist ned der einzige der daran was findet

Vielen Dank für die positiven Kommentare:

@Tooltime-Fan Aber sicher kenn ich Wangan Midnight!

Für alle die es nicht kennen, Wangan Midnight ist ein Manga, der sich nicht nur an den Mid Night Club anlehnt, sondern davon inspiriert wurde.



Es gibt mehrere Variationen des Manga, sowie Live-Action Filme, Videospiele und eine Anime Serie.



Die blaue Nissan Fairlady heisst in der Serie "Akuma-No-Zetto", was soviel bedeutet wie "Des Teufels' Z", der schwarze Porsche 930 wird "Blackbird" genannt.

Die Originalfahrzeuge:

Yoshida Special 911


Wie im Anime auch, war der Besitzer des 930ers ein Arzt, allerdings hatte er sich später dazu entschieden Autos zu verkaufen, und seine Firma existiert heute noch! Er war auch derjenige, der Michiharu Kusunoki, der Schöpfer der Mangaserie, inspiriert hat "Wangan Midnight" zu schreiben.

Der Yoshida Porsche hatte in den frühen 80er Jahren den "Wangan" dominiert, hatte aber einen ernstzunehmneden Rivalen: den Sohn eines befreundeten Tuning-Shop Besitzers.

Seine Waffe: Der ABR Hosoki


Ihre Rivalität begründete nicht nur die Formation des "Mid Night Clubs", sondern Bestand bis zur Auflösung des Clubs in 1999. Bis dahin haute der S130 an die 680PS aus dem modifizierten L30ETT, der Yoshida 3.6l Boxer hatte da schon über 700PS. Beide Fahrzeuge konnten damals nicht nur über 350KM/H auf dem Wangan erreichen, sondern diese Geschwindigkeit auch konsequent für über 15 Minuten halten. Und das in den Neunziger Jahren!

Als der erste Wangan Midnight Live-Action Film gedreht wurde, opferte der Author Kusonoki sein persönliches Fahrzeug: Zufällig auch ein Porsche 930


Nach einigem Tuning, sah das Fahrzeug dann so aus (und das tut es immernoch!):


600PS aus einem modifizierten Turbo S Boxer von 1994, der Single-Turbo stammt (believe it or not) aus einem McLaren MP4/4. Und nicht aus irgendeinem:


Wer kann erraten, wer dieses Schmuckstück gefahren hat (steht ebenfalls in Japan, in der Tokioter McLaren Niederlassung)

Jupp Christian, der Turbolader stammt tatsächlich aus Ayrton Senna's MP4/4.

Aber schön sollte es nicht sein, das ist 100% Funktional ausgelegt.

Mehr zu dem Thema kommt bald, wenn ich noch eine freie Stunde finde