Es sage bitte niemand, die Arbeit an einem
Modell im großen Maßstab sei einfacher als die an einem kleinen. Gut, wessen
Augen nicht mehr die allerbesten sind, der hat vielleicht mit Modellen in 1:150
Probleme, wenn es in die Details geht. Aber ich habe in den letzten Wochen die
ziemlich schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass auch große Modelle, an
denen man „alles ganz leicht erkennen kann“, ihre Tücken haben. Sie brauchen
sehr viel Platz, nach einer halben Stunde ist die Werkbank Handbreit hoch mit
Werkzeugen und Materialien überfüllt, Farbe rührt man nicht mehr in Töpfchen,
sondern in Eimern an, für großflächige Verklebungen braucht man eine Menge
spezieller Vorrichtungen usw. usw. groß eines der vielen Probleme, die ich noch
nicht kannte, ist jetzt aufgetaucht. Meine kleinen Modelle kann ich abends
leicht mit zum Fernsehen ins Wohnzimmer oder zum Abendbrot im Esszimmer nehmen.
Ich stelle sie dann in verschiedenen Entfernungen und für verschiedene
Betrachtungswinkel auf, schaue immer mal wieder hin – und sehe dabei Dinge und
Umstände, die ich im Bastelkeller nicht gesehen habe. Irgendein Schwung stimmt
nicht, ein Übergang, eine Ornamentenlinie, eine Farbe usw. usw. Meine Staatenjacht
aber habe ich jetzt ein halbes Jahr lang immer nur aus der nahen Distanz und
mit dem Blick von schräg oben gesehen. Was daher folgerichtig passieren musste:
Nach ein paar Tagen mit ihrer Probetakelage auf dem Kamin im Wohnzimmer mir
etwas auf: Der Abstand zwischen den beiden Barkhölzern ist etwas zu groß.
Ich weiß, der Billing Rumpf hat etwas andere
Dimensionen als der des Vorbilds in Amsterdam. Aber um eine historische Superrichtigkeit
ist es mir nie gegangen, dagegen aber durchaus um eine weitgehende Ähnlichkeit
in der Anmutung. Was konnte ich jetzt tun? Das untere Barkholz wegnehmen und
versetzen? Das hätte womöglich den Rumpf stark beschädigt, auf jeden Fall aber
die Architektur der Ornamentik am Heck durcheinandergebracht. Nach eingehender
Betrachtung der Vorbildfotos habe ich mich schließlich dazu entschieden, das
untere Barkholz und zwei Millimeter zu verbreitern. Auch im Original ist es
signifikant breiter als das obere, optisch rutscht es damit nach oben. Ich habe
die Verbreiterung mit einer Biegeleiste von zwei Millimeter Kantenlänge bewerkstelligt,
weitestgehend ohne Kollateralschäden. (Im Nachhinein habe ich mich über meine
eigene Tollkühnheit gewundert. Aber ihr kennt das: man kann nicht weiterbauen,
wenn etwas stört.)
Hier wird die schmale angesetzte Leiste mit
dem bestehenden Barkholz verspachtelt.
Hier noch einmal Vorbild, erste Fassung und
zweite Fassung. Es fehlt noch die Nagelung und eine abschließende
Farbbehandlung.
Mir ist klar, dass beim Amsterdamer Modell
die Wasserlinie tiefer liegt – aber ich weiß nicht, ob ich mich auch da noch
einmal ran trauen soll. Ich fürchte, dass nach einem partiellen Abschliff weiße
Farbe in den feinen Rillen des Beplankungsholzes verbleiben und dort nicht mehr
entfernt werden könnte.
Schmidt