Hallo zusammen,
seit dem 03.03.2015 bin ich Mitglied in diesem Forum.
Meine Modellbauleidenschaft gilt dem historischen Schiffsmodellbau und vorzugsweise eben der hölzernen Bauart.
Begonnen habe ich vor vielen Jahren mit der Galeone "San Francisco" von Artesania Latina in 1:90 – sozusagen als Einsteiger. Als dieses Schiff, welches natürlich einen Ehrenplatz bei mir hat, "fertig" war, fühlte ich mich bereit für eine Steigerung. Die HMS Victory wurde, auch aufgrund der verfügbaren Realaufnahmen, der Nachfolger. Warum es ausgerechnet so ein Dickschiff sein sollte kann ich heute nicht mehr sagen, es war halt so und ich fand das Schiff auch irgendwie beeindruckend. Also, Bausatz bestellt, erhalten, gefreut und los ging`s.
Nach einiger Zeit merkte ich schon, was ich mir da an Land gezogen hatte. Nachdem ich dann in einigen Foren gesehen habe, was eigentlich möglich ist und auch selbst erhebliche Verbesserungen realisiert habe, wurde die Vic ins Trockendock geschoben und ein kleineres Boot angefangen, welches ich Euch hier vorstellen möchte.
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein „ Zeesboot“ im Maßstab 1:20 aus der Zeit um 1920. Ein relativ einfach gebautes Fischerboot aus der Boddenregion der Ostsee. Drauf gekommen bin ich eigentlich durch Zufall.Der Bau soll für mich rein der Übung verschiedener Techniken, dem Umgang mit diversen Materialien dienen. Nach einer kurzen geschichtlichen Beschreibung stelle ich hier in ein paar Etappen den Bauablauf inclusive aller bitteren Rückschläge bis zum aktuellen Stand ein.
Quelle:
www.braune-segel.de
Zur Geschichte
Es ist verhältnismäßig wenig überliefert. Das liegt sicher auch daran, dass es ein recht einfaches Fischerboot bzw. Arbeitsboot ist. Was an verfügbarer Literatur derzeit für mich greifbar war habe ich gelesen. Seinen Ursprung hat das Zeesboot in der Haff- und Boddenfischerei der Slawen im 9. und 10. Jahrhundert. Durch technologischen Transfer der Zuwanderer im Gebiet der Ostsee im 13. Jh. entstand der ursprüngliche Zeeskahn, welcher um 15. Jh. erwähnt wird. Da der Fischereibetrieb vornehmlich durch das sogenannte Fischeramt reguliert wurde, gab es, politisch bedingt, regional auch einige Hoch- und Tiefphasen im technischen Schiff- und Bootsbau. Mit Einführung der Gewerbefreiheit um 1848 durch die preußische Herrschaft (1815 kam Stralsund und schwedisch Vorpommern zu Preußen) und dem Ende des Leibeigentum, erfuhr der Fischereibetrieb und der Bootsbau wohl einen Aufschwung. Um 1880 gab es wieder ca. 110 Zeesfahrzeuge unter Segeln.
Die ursprünglichen Zeeskähne waren 2mastig, mit Seitenschwert und Luggersegel getakelt und wurden mit 4 Mann gefahren. Zeesboote hingegen anfänglich 1mastig von 2 Mann gefahren. Die Zeese, eine besondere Fischereimethode der Slawen, ist ein Schleppnetz mit zwei Flügeln, welches über den Boden gezogen wird. Die Zeese ist am Lang- und Driftbaum des ZeesKahn/bootes befestigt
Das Zeesboot, welches beim Fischen vor dem Wind driftet, erlangte gegenüber den Zeeskähnen den Vorteil, dass es nicht auf einem Kiel sondern auf einer Bodenplanke aufgebaut ist und somit bessere Drifteigenschaften besitzt. Die notwendige Stabilität in der Fahreigenschaft wird durch ein absenkbares Mittelschwert (ab 1870) gewährleistet. Die Beplankung wurde geklinkert aber auch kraweel ausgeführt. Mit der Einführung des Schwertes wurde weniger geklinkert gebaut. Heute gibt es nur noch vereinzelt Zeesboote, welche für den gewerblichen Fischfang genutzt werden. Die meisten Boote sind Freizeitseegler, welche von ihren Eignern zum größten Teil sehr liebevoll erhalten werden. Den individuellen Bedürfnissen folgend wurden zahlreiche Umbauten vorgenommen, so dass es heute nur einzelne Boote gibt, die annähernd dem „Original“ entsprechen. Im Stralsunder Nautineum kann man u.a. eines bewundern. Neben dem gängigen spitzgatten gibt es auch den rundgatten Rumpf. Die ober- und Unterdecksbauten entstanden den gewünschten Eigenschaften entsprechend. Das älteste noch fahrtüchtige Schiff ist um 1870 gebaut. Heute gibt es noch ca. 80 Zeesboote unter Segeln, viele davon zwischenzeitlich motorunterstützt. Soweit verfügbar werde ich Einzelheiten in die jeweiligen Bauabschnitte einarbeiten.Gebaut wird also ein Zeesboot.
Gebaut wird also ein Zeesboot.
Vielen ist es vielleicht bekannt aber in Modellbaukreisen nicht sonderlich verbreitet. Auf der Seite
www.GK-Modellbau.de wird ein Spantmodell angeboten, welches mir jedoch nicht gefallen hat. Ich verwende hier Pläne im Maßstab 1:20, welche ich von Herrn Werner Möller aus Hagenow bezogen habe. Ich möchte hier diesen Link
www.modell.zeesenboot.com zu seiner Website empfehlen. Weitere zahlreiche Informationen zu diesem Boot und seiner Geschichte sind u.a. auf der Web-Site
www.braune-segel.de liebevoll zusammengestellt.
Das hier entstehende Modell stellt ein 2mastiges Zeesboot mit Groß- und Besanmast (auch Bullmast) dar. Es hat einen spitzgatten Rumpf, welcher im Original folgende Hauptabmessungen hat: Länge über Steven: 11,50 m, Breite über alles: 3,65 m, Tiefgang (Heck) 1,0 m, Segelfläche 90 – 100 m², Masse: ca. 9-10 t. Da diese Boote grundsätzlich keinem „strengen“ Baumuster folgen und einiger Interpretationsspielraum vorhanden ist, kommt mir das sehr entgegen, so dass ich mich wenig auf historische Korrektheit sondern hauptsächlich auf die pure Bautechnik konzentrieren muss. Trotzdem werde ich versuchen am Original zu bleiben.
Der Rumpf
Die Beplankung des Rumpfes erfolgt in Klinkerbauweise. Diese Art Beplankung ist für mich Neuland und daher sehr spannend. Die originale Beplankung sowie das übrige Zimmerwerk wurde in Eichenholz ausgeführt . Ich werde jedoch Birnbaumholz verwenden, da das Eichenholz doch sehr speziell ist. Wie gesagt soll das ja ein Übungsstück werden und da ist Klinkern für mich schon ausreichend anspruchsvoll.
Um den geklinkerten Rumpf herzustellen nehme ich jeden 2. Spant als Bauspant. Diese Bauspanten (2,4,6,8,10, 12 und 14) werden vom Plan auf 6 mm Pappelsperrholz mit Blaupapier übertragen.
Die sogenannten Mallenspanten werden auf dem Hellingbrett mit entsprechenden Abstandsklötzchen verleimt und bilden eine stabile Form. Der Bau der Malle war schon etwas aufwendig, wenn man bedenkt, dass diese nachher „übrig“ ist.
Nachdem nun die Malle im Groben erstellt worden war, ging es daran die Bodenplanke mit Vor- und Achtersteven zu bauen. Diese Teile habe ich aus Birne in der Stärke (5 mm) hergestellt. Ursprünglich nahm man dazu ein Stück/Stamm Eiche und bearbeitete diesen mit sogenannten Dechseln bis auf das gewünschte Maß.
Im Mittelbereich ist die Bodenplanke 20 mm und an den Enden entsprechend der Steven 5 mm breit. Die Sponung in den Steven gelang mir mit dem Feinbohrschleifer. Da meine MF70
nur im 90° Winkel arbeitet, habe ich für den FBS einen kleinen Frästisch angefertigt. Dieser kann sicher noch zu einem Multitool (Drechsel- und Schleifbank) erweitert werden – aber das vielleicht später.
Der FBS samt Universalhalter sitzt auf einem kleinen Board, welches an den Gewindestangen mittels der Rändelmuttern in der Höhe verstellt werden kann. Ob das auf Dauer optimal ist wird sich zeigen. Der Universalhalter ermöglicht zumindest fast jede Winkeleinstellung bis zur Senkrechten. Der Führungsstift, eine 5 mm Niete, (wahlweise auch alte Fräsbohrer) dient auf dem Arbeitstisch als Anschlag und ermöglichen einen gleichmäßigen Verlauf der Sponung, sowohl am Achter- als auch am konvexen Vorsteven und der Bodenplanke.
Ich benötigte hier mehrere Anläufe bis es für mich ok war. Nach vielen Übungsstücken sind dann die nachfolgend abgebildeten Teile entstanden.
„Vorsteven und Knie“, „Achtersteven und Knie“, „Bodenplanke“
Anschließend habe ich noch den Ausschnitt für das Schwert in der Bodenplanke ausgefräst, auf den dann später der Schwertkasten montiert wird.
Die Steven wurden nun auf der Bodenplanke montiert. Ich habe hier (erstmalig) Epoxydharzkleber verwendet um die Spannungen bei der Beplankung besser abzufangen. Ich muss sagen, dass der Kleber super stark ist und ich werde ihn wohl oft gegen Weißleim tauschen. Ein kleiner Nachteil ist die Aushärtungszeit aber damit muss man halt leben. Ein Vorteil ggü. Weißleim; Kleberreste lassen sich aufgrund der ausgehärteten Klebemasse besser wegschleifen als der „gummihafte“ Weißleim – und – was damit einmal geklebt ist, ist auch geklebt und sehr stabil.
Anschließend habe ich den Übergang der Sponung von den Steven zur Bodenplanke mit dem Skalpell nachgearbeitet.
Die Malle habe ich nun fest auf dem "Hellingbrett" montiert. Die Abstandsklötzchen bringen dem Ganzen die notwendige Stabilität beim Aufbringen der Planken. Die fertige Kiel-Steven-Konstruktion wurde dann in die Malle eingepasst.
Vor- und Achtersteven werden zusätzlich durch längsverklebte Sperrholzbrettchen in gleicher Stärke geführt. Hierdurch wird ein Verziehen beim Beplanken vermieden.
So, dass soll für heute erstmal genügen. Morgen gehts weiter.