Weiter geht es in Sieben Meilen(Jahren) Schritten.
Am Rumpf begann auch eine der aufwändigsten (und langweiligsten) Routinearbeiten bei der Restaurierung: Die Rekonstruktion der Reling. Etwa 450 cm Reling mussten neu aufgebaut werden.
Ich hatte bei der Zerlegung des Modells lange darauf spekuliert, die Reling erhalten und vor Ort von Lack und Dreck befreien zu können. Ich denke, das folgende Foto zeigt, wie "fromm" dieser Wunsch war.
Tatsächlich musste ich die Handläufe entfernen, jede der xxx (ich werd sie mal aus Jux zählen) Relingstützen vorsichtigst herausziehen, sie zuerst in Aceton baden und anschließend von Hand (Glasfaserradierer etc.) putzen. Nicht vergessen: Löcher 0,5 mm aufbohren und reinigen. Relingstützen anschließend richten und sorgfältig aufbewahren.
Und dann ging es an die Rekonstruktion. Ich zeige das exemplarisch an der untersten Reling. Hier mussten zunächst die Kanten am Rumpf geschliffen und neu lackiert werden, in mehreren (zwischendurch wieder geschliffenen) Lagen und natürlich ohne die Löcher zuzuschmieren, die ich ja, weil ich die Originalhandläufe verwenden wollte, an genau der richtigen (alten) Stelle brauchte. Glücklicherweise habe ich eine Humbrol Farbe gefunden, die sehr gut zu den Decks passt. So muss ich nie anmischen. Hier ein Zwischenstadium:
Doch wie jetzt die Stützen einsetzen? Klar, keine Frage: kleben! Aber am Original war NICHTS geklebt. Da drücken nur die oberen Decks (vermittels der Schrauben unter den Aufbauten) das ganze Modell zusammen wie die Hände eines 2 Meter Mannes die Schichten eines Hamburgers vor dem ersten Biss. Würde ich allerdings die Stützen nur locker einsetzen, bekäme ich die Durchzüge niemals hindurch, ohne die Stützen wieder heauszukatapultieren. Konnte ich mr gut vorstellen, wenn ich abends nicht einschlafen konnte.
Also habe ich die Stützen auf 0,5 mm Messingdraht aufgefädelt, dabei immer ein Auge auf die Fotos, die ich bei der Zelegung gemacht hatte. In diesem Fädel-Stadium konnten sie auch ein letztes Mal auf Hochglanz geputzt werden.
Und jetzt nur noch einsetzen. Zum Glück bin ich ein Octopus; trotzdem hätte ich gerne auch noch eine neunte Hand gehabt. Da musste halt Klebeband aushelfen.
Und dann der große Moment. Der Handlauf, der natürlich mittlerweile mehrfach gebrochen (immer an den Löchern, klar) und wieder repariert worden war, sollte von oben über die verlängerten und auf die einfachen Relingstützen geschoben werden. Würde das funktionieren? Tat es. Und es reichten erstaunlicherweise vier Hände aus. Zwei Fotos vom Ergebnis:
Da, wo der Handlauf auf das massive Schanzkleid trifft, ist er im Original gestiftet. Ich habe das später mit Messingdraht, der zuvor in Sekundenkleber getaucht ist, imitiert. Kleines Zugeständnis an die Neuzeit. Die massiven Messingstützenn aus T-Profil müssen später wie die Spitzen der verlängerten Relingstützen in das jeweils obere Deck passen.
Die Reling um das Achterdeck war das erste komplexe Teil, das am neu hergerichteten Rumpf befestigt wurde und nicht wieder abgenommen werden kann, um es noch einmal (und noch einmal und noch einmal...) zu überarbeiten und zu verbessern. Das war schon ein gewisser Schritt! In die richtige Richtung. Außerdem kann man, denke ich, sagen, dass die Reling etwas hermacht und ein erster Indikator für die Qualität des ganzen Modells ist.
Danke für das Interesse. Ich freue mich immer über Kommentare und Fragen.
Schmidt