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Guten Abend Allerseits,
nach den letzten Ausflügen zum Kapitel „Pulver und Blei“ sprich den Geschützen, geht es im heutigen Kaminabend wieder um ein nicht minder wichtiges Thema das fortgesetzt werden will, den Beschlägen am Rumpf.
Im Beitrag Nr. 989 (Seite 33) hatte ich mich bereits über die Rüstbretter und deren ungewöhnliche Position über der Oberdeckbatterie bei der Soleil Royal ausgelassen.
Heute Abend geht es um die unteren Jungfern und eisernen Haltevorrichtungen, die es in bekannter Weise in diversen Ausführungen gibt.
Wie immer in meinem BB folgt zuerst die historische Ableitung, bevor es an den eigentlichen Modellbau geht. Welche Art der Ausführung war zur Zeit der Soleil Royal um 1670 bei den Dreideckern üblich ?
Wurden diese Zugstreben nur mit einem einzigen Haltebolzen an der Bordwand befestigt oder gab es zusätzliche gekröpfte Glieder, um die Halterungen mit einem zweiten Bolzen sichern zu können. Wenn ja, in welcher Weise wurden diese ausgeführt ? Handelte es sich dabei um gebogene Stangen oder eher um starke Flacheisen ?
Geneigter Leser denkt jetzt, dass man sich über vielerlei Dinge Gedanken machen kann, aber das sind meines Erachtens Konstruktionsdetails, die Aussehen und Wirkung des Schiffes sehr stark mitbestimmen und sehr viel Aufmerksamkeit verdienen, zumal man sich in der Fachliteratur zumindest bei kontinentalen Schiffen dazu vornehm zurückhält, oder um es mit den Worten von Anderson zu sagen, „….das Thema ist äußerst komplex….“
Gehen wir mal der Reihe nach durch. Als Rüst- oder Püttingeisen kämen um die damalige Zeit herum ganz grob drei Varianten in Frage:
1. Ketten
2. Stangen
3. Gebogene und geschmiedete Stangen in Form von ineinander greifenden Ösen.
Zunächst eine Detailaufnahme (siehe gelbe Umrandung) des historischen Modells der Royal Quinze von 1728, hier sind eindeutig ineinander greifende Ösen zu erkennen.
Auch bei den Zeichnungen im Album von Colbert um 1670 sind Ösen als Rüsteisen zu finden.
Bei Pierre Puget`s "Le Grand Monarque" 1670, (siehe Aufnahme im Beitrag Nr. 989, Seite 33, die Wiederholung der Abbildung erspare ich mir) die also genau in die Zeit der SR passt, sind diese auch zu finden. Eine wunderschöne und dazu sehr detailreiche Arbeit übrigens.
Bei Puget’s Zeichnung „D'un vaisseau de 1er rang par puget en 1650“ (eher wohl die Royal Louis von 1669) ist es nicht genau zu erkennen, vielleicht Stangen, aber mit Sicherheit keine Ketten.
Und letztlich die für mich wichtigste Quelle, dem Konstruktionsbuch der Royal Louis, „Description du vaisseau le royal louis“ von 1677 (siehe Beitrag 997 auf Seite 34)
https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b86069950
sind zumindest gebogene Stangen zu erkennen.
Man kann also daraus ableiten, dass Ketten zu dieser Zeit nicht mehr „en vogue“ waren und zumindest ein gebogenes Rundeisen bzw. zwei ineinander greifende Eisen zur Ausführung kamen.
Wer sich also das Leben etwas einfacher gestalten will kann sich an Heller orientieren und macht damit sicherlich keinen Fehler.
Bleibt die Frage nach der weiteren Befestigung der Rüsteisen an der Bordwand.
Auf den Zeichnungen von Colbert ist nur ein Haltebolzen zu erkennen, allerdings handelt es sich auch nur um Zweidecker. Nachfolgend dazu ein Detailausschnitt vom Modell der Royal Quinze von 1728, wo ein Flacheisen mit zwei Haltebolzen zu sehen ist. Diese Ausführung halte ich bei der Größenordnung der Dreidecker auch für die stimmigste Variante. Boudriot sieht auf seinen Abbildungen zwar auch zwei Befestigungsbolzen vor, jedoch kein Flacheisen sondern einen als Schlaufe gebogenen Rundstab. Ich denke jedoch, dass beide Varianten zu dieser Zeit üblich waren.
Somit wäre die historische Art und Weise der Rüsteisen aufgearbeitet und nun zum Modellbau.
Wie gehabt, die Variante von Heller mit gebundenem Faden wäre so verkehrt nicht, aber möchte ich selbst nicht ausführen.
Hier und da gab es den Tipp, sich doch eher fertiger Zukaufteile zu bedienen, jedoch bin ich über deren Qualität nicht gerade begeistert, also selbst ist der Mann. Arbeiten wir uns von unten nach oben durch, zunächst zu den Flacheisen und Haltebolzen.
Evtl. an das obere Barkholz anschließend und dann an der Bordwand, wie es Boudriot auf seinen Skizzen ausführt.
Hmmm.. sieht aber irgendwie nicht stimmig aus...
Evtl. auch an das untere Holz anschließend...
Macht auch keinen richtigen Eindruck....
Übrigens ist der Kopf des Bolzens ganz einfach auszuführen, wenn Bohrung im Flacheisen und Durchmesser des Bolzens passgenau sind. Den Bolzen mittels Zange einfach abpetzen und danach auf einer Eisenfeile flach schmirgeln. Da der Bolzen sich am am "Kneifende" etwas verformt, fixiert er sehr gut das Flacheisen.
Jetzt noch mal zu Boudriot, aber mit verkürztem Eisen...
Ist aber auch nicht stimmig, dafür ist der Abstand der Barkhölzer mit 40 cm bei 1:1 einfach zu gering...
Aber einen Pfeil hab' ich noch im Köcher...
und der passt.... nur wenn das Flacheisen in der Schräge positioniert werden muss, braucht es eine andere Größe. Übrigens handelt es sich dabei um ein Zukaufteil von Kr.....
Das Teil hat übrigens eine Länge von 8 mm....
Nun geht es an die Herstellung der großen Öse. Am besten nimmt man ein geeignetes Blech mit passender Wandstärke und wickelt unter Spannung den 0,5 mm Messingdraht einfach drum herum. Dann vom Blech abziehen, durchschneiden und fertig.
Beim Stroppen der Jungfer geht es freilich nicht so einfach. Hier greife ich auf Daniels Variante aus seinem BB der Victory zurück, (fragt mich jetzt ja nicht nach der dortigen Seitenzahl, hatte er mal bei Glomox eingestellt), jedoch setze ich noch zwei zusätzliche Nadeln um auch die Jungfer fixieren zu können.
Und so sehen die Teile dann aus, wenn sie ausgerichtet und für das Löten vorbereitet sind.
Das war es wieder für heute, bis demnächst und beste Grüße
Bernd