Liebe Kinder,
ja ich weiß, ihr quengelt die ganze Zeit rum, wann denn der Kahn endlich mal fertig wird. Nun rechne ich zuversichtlich damit, daß das
Beplanken sowohl der Decks als auch der Außenhaut einigermaßen zügig vonstatten geht, wenn erstmal das Grundgerüst steht. Da steht
aber noch einiges an Anpassungsarbeit an, so wollen z.B. die Spanten mit meist knieförmigen Aufdickungen versehen werden, um auch
den Decksplanken zwischen den den Pfeilern Halt zu bieten. Dazu kommt das klassische Transparentpapier...
...und anschließend das gute alte Blaupapier (von dem ich schon befürchtet hatte, daß es zeitgleich mit der Schreibmaschine ausgestorben
ist) zum Einsatz.
Wird schon - wir brauchen ja letztendlich nur 222 Stück.
Darüberhinaus müssen alle Teile des Innenausbaus, an die man später nicht mehr rankommt, vor dem Beplanken fertig werden. Da habe
ich lange über der Ruderanlenkung gebrütet, bei welcher ich in völliger Ignoranz historischer Korrektheit auf die reine Funktionalität
geachtet habe.
Der Herr zu Mondfeld hat ja in seinem Standardschinken einige mögliche Arten der Seilführung zur Ruderpinne skizziert, doch haben alle
den Nachteil, daß gerade laufende Seile auf einen Ruderhebel treffen, welcher eine Kreisbahn beschreibt. Dies hat zur Folge, daß die
Gesamtlänge des Seils im Rudersystem variiert. Ich schätze, daß die verwendeten Hanfseile so flexibel waren, daß sie das ausglichen,
das für das Modell vorgesehen Baumwollseil hingegen ist kein bißchen dehnbar.
Also galt es ein System zu entwerfen, bei welchem die Gesamtlänge des Seils in jeder Ruderposition gleich ist. Im Buch "The Ship"
des hervorragenden Schnittbildzeichners Stephen Biesty über die Victory ist eine Vorrichtung erkennbar, welche das Ruderseil der
Kreisbahn der Ruderpinne folgen lässt. Obwohl aus einer gänzlich anderen Epoche, gehe ich einfach mal davon aus, daß die Konstrukteure
meiner Galeone ihrer Zeit weit voraus waren und ebenfalls sowas verbauten - schließlich verwendeten sie auch rostfreien Edelstahl.
Zunächst wurde ein Kreissegment aus Sperrhölzern angefertigt und mit einer verschleißmindernden Auflage aus rostfreiem Edelstahl
beklebt...
...welche zur Sicherheit an den Enden nochmal umgeschlagen wurde.
Nach dem Aufkleben der zweiten Führungsschiene kam ein Gleitstück aus Buche hinzu...
welches mit dem Seil verbunden wird, das später an anderer Stelle um die Steuerradachse läuft.
Das ansonsten endlose Seil wird dann später an dieser Stelle verknotet (im Schiffsinneren nach dem Beplanken, ich freue mich schon drauf).
Nun wurde das Kreissegment dem Winkel der Ruderachse folgend am Spant befestigt. Sollte jemand sagen: He, nimm doch für die
Verbindung zwischen Gleitstück und Pinne lieber Kettenstücke, würde ich sagen: Hmm, ja - könnte man auch so machen.
Hier wird das Seil später über Umlenkrollen laufen.
Hier musste ich für das Foto einen Spant rausnehmen, da die Kamera mit der Scharfstellung nicht klarkam.
Und wenn ihr bis hier den ganzen Text gelesen habt: Boah - soviel Geduld hätte ich nicht. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!
Martin