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Dienstag, 22. November 2011, 23:15

Mal 'ne Frage zum 'Blau machen'

Hallo liebe Forumgemeinde,

wie Ihr bereits anhand der Überschrift erahnen könnt, geht es mal wieder um ein ebenso bekanntes wie leidiges Thema - nämlich die Farbe 'BLau' an alten Segelschiffen.

Zwar wurde ebenso in alten Unterlagen wie an heutigen Modellen sehr gerne diese Farbe hergenommen, jedoch sprechen doch erst mal einige Gründe dagegen. Denn sowohl bei jenen Unterlagen, welche meist künstlerischer Natur waren, als auch bei aktuellen Modellen sind ja gewisse 'Freiheiten' durchaus als normal zu bezeichnen. Insgesamt kann man behaupten das diese Freiheiten darauf zurück zu führen sind, weil Blau sehr edel aussieht und dessenthalben zur 'Verschönerung' sehr gerne angewandt wurde und wird.


Ich will gar nicht erst lange 'drumherum Lamentieren', sondern gleich mein dürftiges Wissen kundtun:

  1. Blau war erst ab der breiten Einführung des Indigo ab den 1730er Jahren in großen Mengen verfügbar. Blau war oft reserviert für Uniformen, daraus resultiert auch Punkt 3.
  2. Die Haltbarkeit begrenzte sich auf Papier und Stoffe
  3. Es war teuer! (Dennoch bevorzugten die Reichen lange Zeit Rot, zumindest bis Blau als schicke Alternative die haute couture eroberte - bis in die obersten Schichten)
  4. Interessanterweise ist diese Farbe an alten, zeitgenössischen Modellen gar nicht zu finden - jedenfalls wenn sie nicht rund 150 bis 200 und mehr Jahre später 'korrigierend' von 'Fachleuten' restauriert wurden (siehe der alptraumhafte Raubzug an der 'Katalanischen Nao'). Die Farbe also, welche wir an den original belassenen alten Modellen finden ist ... schwarz! Dafür spricht auch die bekannte Farbgebung der Sovereign of the Seas, welche im Volksmund den Spitznamen 'Schwarzer Teufel' genas. Selbst als sie modernisiert war (also per Umbau aktualisiert) und als Royal Sovereign bis zum Kerzenmalheur ihr Dasein fristete, war sie schwarz. Zumindest Partiell. An allen originalen Modellen im Musée de Marine ist kein Blau zu finden, sondern mal wieder schwarz.
Watt denn nu? Die Angaben in der Literatur sind dürftig und widersprüchlich. Selbst unser Pabst und Heiland Wolfram gibt ausgerechnet darüber keine eindeutigen und dauerhaft glaubwürdige Hinweise (ich - jawohl ICH - habe übrigens mal mit IHM telefoniert, es ging um den Unterwasseranstrich der Schiffe der französischen Marine im Atlantik. Er ist sehr freundlich und hilfsbereit und hat sich ohne Hast die Zeit genommen mir die Sache genau zu erläutern ... Dank, oh Erhabener)

Und nun, verehrte Gleichgesinnte, nun werfet bittebitte Euer Wissen in die Waagschale und bedenket dabei - auch ohne dokumentierende Belege sind Beiträge Hilfreich!

lg Joachim

2

Mittwoch, 23. November 2011, 00:24

Hallo Joachim,
ich möchte dich gern auf ein Problem hinweisen:
Das Blau der Tuche (Textilien) hat nichts mir den Blautönen der Erden zu tun.
Es gibt sehr frühe Bemalungen z.B. von Häusern in Blau.
Das ist eine eigenständige Farbart, die mit Textilien gar nichts zu tun hatte.
Auch Holz wurde sehr früh (z.B. bei den Kelten, die Blau ja zum Teil auch im Gesicht trugen...) in Blau gefärbt.
Dazu sollen sowohl Pflanzenfarben, wie auch Erden genutzt worden sein.
Nach einigen alten Quellen (frag mich bitte nicht, wo ich das mal gelesen habe...),
ist einiges an Blau vergleichbar mit den Farben, die wir als Gelb- und Rot-Ocker kennen.
Genaueres weiß ich leider über die Erden nicht,
aber ich habe darüber mal mit jemandem aus dem Porzelan-Bereich gesprochen.
Der hat wiederum Leute gekannt, die noch heute mit Erden Holz blau färben...
Also ist das ganze schon immer möglich gewesen und war auch nicht unbedingt teuer - nicht einmal selten.
Ob aber die Schiffsbemalung auf diesen Erden beruhte weiß ich leider auch nicht.

Eines kann ich dir aber mit Sicherheit sagen:
Das von einigen benutzte Königsblau ist viel zu leuchtend...
Es muss sich um einen dunkleren Ton gehandelt haben.
Wahrscheinlich mehr in Richtung eines leichten Blaugrau-Tones.
Es gab da einige Porzelan-Skulpturen, die Schiffe abbildeten, auf denen extra die Blaue Farbe abgetönt wurde.

Ich hoffe diese doch recht vagen Angaben helfen bei der Suche etwas weiter.

lg,
Frank
Modellbau ist Kunst - und manchmal Sport - und darf niemals als Arbeit gesehen werden!

Im Bau: The 24-Gun Frigate Pandora 1:128 - RC
Im Bau: Schlepper Goliath - RC

3

Mittwoch, 23. November 2011, 11:15

Hallo Frank,

Deine Argumente sind in gewohnter Manier logisch und intelligent – ich war gezwungen ein wenig nachzuforschen um zu folgenden Ergebnissen zu kommen:

Färberwaid heißt das Zeug. Es wurde sowohl von den Kelten für allerlei Färberei verwandt, als das es auch Jahrhundertelang die Grundlage für Stofffarbstoffe war (tolles Wort, gell?). Selbst zu de Römers Zeiten war es einer der begehrtesten Handelswaren für die kleinen Südländer, denn die Germanens konnten Blau am besten herstellen – aber eben in geringerem Umfang als viele andere Farben. In Erden kam und kommt Blau als Farbstoff auch vor. Wie Du richtig schreibst nicht direkt, sondern aufgrund von Mischmasch. Lediglich Indigo ist ein Reinblaugrundstoff und den Europäern erst zugänglich nachdem die Seewege in den Osten routiniert befahren wurden.

Während die Keltens die Sache noch relativ simpel angingen, perfektionierten sich Methoden bis ins 17. Jahrhundert immens. Ne Menge Allohol kam in’s Spiel und das ‘Blaumachen‘ war geboren.

Dennoch war Blau aus Färberwaid wenig belastbar. Auf Gesichtern brauchte es nicht lange zu halten. Auf Stoffen konnte es länger halten, da es einzog. Auf Häusern (selten, aber kam vor) konnte es mit Kalk verbunden länger halten – war aber sehr hell zum einen und niemals den hohen Belastungen einer maritimen Umgebung ausgesetzt.

Schiff: War (ist) aus Holz. Holz saugt auch, aber nicht so intensiv wie vorgenanntes. Salzwasser ist extrem aggressiv, und das Salz darin entzieht beim trocknen Holz alle löslichen Inhalte – also auch Farbe.

Du siehst Frank, wieder einmal war Dein Kommentar ein wertvoller Beitrag und regt hoffentlich noch viele weitere Forumler zur Teilnahme an

Lg Joachim

4

Mittwoch, 23. November 2011, 11:52

ähem hüstel: die sovereign of the seas wurde "GOLDENER Teufel" genannt, weil sie so dermaßen mit Gold überladen war, das die Holländer ihr diesen Namen verliehen.
Die Verzierungen des Schiffes waren nun wirklich sehr übertrieben, und das Schiff für damalige Verhältnisse unglaublich teuer.
Das wurde ja bei vielen Umbauten dann auch etwas gemildert, aber sie war immer noch übertrieben :)

und schwarz war sie nur unter den Gold-Zierrat. der Großteil war "natur-braun" wenn man so will.

Blau wurde sparsam eingesetzt und das (zumindest nach meinem Wissen) erst später um 1730 +, war eine sehr teure Farbe zu dieser Zeit, die man ja auch Seefest erst mal herstellen musste, was damals kein leichtes war (Salzwasser ist halt was anderes als Regen)
das verschwand aber wieder zugunsten anderer Farben.
Viel ist der Mode unterworfen.

Die Wasa, die ja lange blau bemalt dargestellt wurde, ist inzwischen ja auch in rot geändert worden.

andere werden da aber mehr wissen :)

wie sind denn deine konkreten Fragen?
Viele Grüße :ahoi:
markus
(der Captain)

5

Mittwoch, 23. November 2011, 12:00

Morgen! :wink:
Im Prinzip ist schon fast alles gesagt, was ich dazu beizutragen hätte. Nur ein Nachtrag: Wenn blau verwendet wurde, war es soweit ich weiß, zumeist mineralisch, dass heisst beispielsweise, dass Steine wie Lapis Lazuli (glaub ich) gemahlen und in Leinöl gebunden als Pigmente verwendet worden sein sollen, aber das eben vorbehalten für wirklich cheffemäßige Schiffe. Das Zeug war richtig teuer. Und inwieweit das stabil war, weiß ich auch nicht. Ich denke (hab aber sonst echt keine Ahnung), dass das, was wir oft als blau abgebildet sehen, in der Realität eher ein Grau war, eventuell auch eine Art Türkis-grau, wie beispielsweise an den achterlichen Seitenflanken der Holländer (da wo sie immer klinkerbeplankt waren, mein ich jetzt). Generell dürften die meisten Farben nicht unbedingt leuchtend, sondern eher dunkel lasierend gewesen sein, allein schon durch das verwendete Leinöl in Verbindung mit Witterung.

Schöne Grüße

Chris :ahoi:
"Go and tell Lord Grenville that the tide is on the turn. It's time to haul the anchor up and leave the land astern. We'll be gone before the dawn returns. Like voices on the wind..." (A. S.)

"Mayflower"

"La Santissima Madre"



6

Mittwoch, 23. November 2011, 12:20

Hallo Leute!

@ Chris / Drake:
Gut das du mich drauf aufmerksam machst!

Bei den "Steinen" gibt es außer Lapis noch den Sodalith, der tatsächlich auch zum erstellen haltbarer Farben verwendet wurde.
Bei diesen Farben (blau) wurde dann aber keine Ölfarbe im eigentlichen Sinne hergestellt.
Es gab zwar eine "Mischung" die man als Ei-Tempera bezeichnen könnte, aber ob es sich tatsächlich so verhielt ist nicht ganz geklärt.
Die beschriebene Farbe (es gibt ja ein paar Berichte), scheint zum Teil auf Sodalith zu beruhen.
Das wäre jedenfalls exakt der beschriebene Farbton.
Zudem ließen sich damals halbwegs Salzwasser (eigentlich "Salz-Luft") beständige Farben mit Sodalith herstellen.
Es gibt heute aber, meines Wissens, keine Rezepte mehr dafür.
Die Farbe kann ich aber mal mischen und dann den genauen (halbwegs genauen) Farbton bei den für uns gebräuchlichen Farben suchen.
Das wäre doch dann schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, oder?

Ich geh dann nachher erst mal Sodalith einkaufen... :D

lg,
Frank
Modellbau ist Kunst - und manchmal Sport - und darf niemals als Arbeit gesehen werden!

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7

Mittwoch, 23. November 2011, 12:46

Uii ... danke Dir Captain, meine Grammatik im neo-franz. ist nicht so doll! Habe da wärend des Übersetzens noir und d'or durcheinader gewürfelt...

8

Donnerstag, 24. November 2011, 10:22

hey, dafür ist ein Forum da :)
immer wieder gern
Viele Grüße :ahoi:
markus
(der Captain)

Beiträge: 23

Realname: Tom

Wohnort: Pirna, Sachsen

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9

Donnerstag, 24. November 2011, 21:32

Hallo Leute!

Bei den "Steinen" gibt es außer Lapis noch den Sodalith, der tatsächlich auch zum erstellen haltbarer Farben verwendet wurde.
Bei diesen Farben (blau) wurde dann aber keine Ölfarbe im eigentlichen Sinne hergestellt.
Es gab zwar eine "Mischung" die man als Ei-Tempera bezeichnen könnte, aber ob es sich tatsächlich so verhielt ist nicht ganz geklärt.
Die beschriebene Farbe (es gibt ja ein paar Berichte), scheint zum Teil auf Sodalith zu beruhen.
Das wäre jedenfalls exakt der beschriebene Farbton.
Zudem ließen sich damals halbwegs Salzwasser (eigentlich "Salz-Luft") beständige Farben mit Sodalith herstellen.
Es gibt heute aber, meines Wissens, keine Rezepte mehr dafür.


Frank bist du dir da sicher?
Sodalith wurde doch erst später entdeckt?
hab da mal ne weile dazu gegooled weil mich das auch brennend interessiert
bei wikipedia liest man über den Sodalith:
Zitat: "Erstmals gefunden wurde Sodalith im Ilímaussaq-Massiv in der Provinz Kitaa (Westgrönland) und beschrieben 1812 durch Thomas Thomson."

Und im Edelsteinlexikon steht dazu folgendes:
Zitat: "Der Sodalith zum Beispiel zählt zu den Edelsteinen, die in Salzwasser sicherlich Schaden nehmen würden. Salzwasser, auch heißes Wasser können bei Sodalith einen Vorgang auslösen, der regelrecht zur beginnenden Auflösung des Steines führen kann. Ebenso reagiert Sodalith empfindlich auf viele Chemikalien."

Momentan glaub ich da noch dem Herrn Mondfeld der in seinem Buch den den bekannten Marinehistoriker Werner Zimmermann zitiert, das es ein wirkliches Blau zu dieser Zeit gar nicht gegeben haben kann.
Das einzige "blau" was es nach Ansicht der beiden Herrn gegeben haben kann war ein "totes Blauschwarz" welches aber mehr schwarz als blau ausgesehen hat.

Soweit zu dem was mir Herr Mondfeld mit seinem Buch und Google mit seinen Suchergebnissen bisher vermittelt hat, aber ich lass mich da auch gern eines besseren belehren :D

Ich werde den Thread gespannt verfolgen, vielleicht weiß ja einer noch mehr darüber und besser Bescheid ;)

LG Tom

10

Freitag, 25. November 2011, 10:36

Ich hab zwischenzeitlich auch nochmal recherchiert: Es handelt sich meines Wissens nach nicht um Sodalith sondern um Azurit! :idee:

Schöne Grüße

Chris :ahoi:
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"Mayflower"

"La Santissima Madre"



11

Freitag, 25. November 2011, 12:41

Zur Abwechslung möchte ich mal ein paar Modelle einbringen.


Zunächst zwei aus dem 17. Jahrhundert:

L’Ambitieux & L’Artésien = beide im dezenten schwarzen…









Dann ein Modell aus dem 18. Jahrhundert, dieses mal in Blau. Leider konnte ich nicht herausfinden, ob dieses Modell org. belassen ist oder schon mal neu gepönt wurde.



Das letzte Modell in schwarz ist gar aus dem 19. Jahrhundert, als die Franzosen schon längst minuziös an der eig. Marinehistorie forschten und eine Menge Modelle herstellen ließen. Keine Geringere als die Soleil Royal aus der Hand von Jean-Baptiste Tenneron, welche zumindest grob ‘Modell‘ stand für die SR von Heller.








Zu diesem Modell gibt es gleich mehrere Theorien, ich habe mich schon vor langer Zeit folgender angeschlossen:

Da Bug und Heck nicht mit dem Originalentwurf übereinstimmen – insbesondere die Form des Stevens nicht in die Zeit der 1670er Jahre passt, sondern eher in die der 1690er ff, handelt es sich hierbei zwar um die SR, aber wohl eher um die Zweite – die ex. Foudroyant, welche nach dem Verlust der 1. SR als Ersatz in SR umbenannt wurde. Dafür sprechen viele Details, eines der u.a. Wichtigsten dürfte jedoch die Tatsache sein, daß das gezeigtes Modell einen reinen 100gunner zeigt, die org. SR war größer = 110gunner (blabla 5 Fenster blabla 6 Fenster)

Edmond Pâris war zu dieser Zeit übrigens noch nicht der Kurator des Museums, sondern Leutnant der Marine und als ‘Nichtkapitän‘ ermächtigt Schiffe zu kommandieren (Äquivalent bei den Tories: Master, vergleiche Lieutenant James Cook auf seiner 1. Reise)

Soviel erstmal zwischendurch, vielen Dank an Euch alle, daß Ihr das Thema so ernst nehmt

Viele Grüße und ein schönes Wochenende

Joachim

12

Freitag, 25. November 2011, 13:23

Hallo!

Zu den Steinen noch mal...
Leider ist die Bezeichnung mit Namen sehr schnell irreführend, wenn man in historischen Texten liest.
Der Sodalith muss schon sehr früh in der Heilkunde eine Rolle gespielt haben.
Wahrscheinlich wurde er zerrieben und mit Planzenstoffen, Ölen oder Harn vermischt auf die Haut aufgetragen.
Dabei zeigte sich zum Teil eine dunkel blau-graue Farbe.
Ich müsste mal nachsehen, ob ich was bei den Pigmenten für die frühen Ei-Tempera finde,
dann wüssten wir zumindest, ob er bei Malern damals Anwendung fand.
Auch Azurit ist da mit Sicherheit verwendet worden.
Ganz sicher aber der Lapis Lazuli.
Doch die Namen sind damals oft noch andere, z.B. "Goldfreund" oder "Himmelstein".
Oft wurden die Namen auch bei verschiedenen Steinen eingesetzt.
Wichtig ist zu wissen, dass es damals in den Köpfen eine gewisse Verbindung von Steinen und Erzen gab,
daraufhin wurden die harmonisierenden Farbtöne meist von Metallen im Zusamenhang mit Stein-Pigment-Farben festgelegt.
Also erscheint die Ausrichtung auf einen solchen "Blau-Farbton" bei Gold-Zierrat durchaus wahrscheinlich.
Natürlich kann für die Bemalung eines Schiffes keine solche Farbe benutzt worden sein,
denn das wäre ungeahnt kostspielig geworden.
Die "Vorgabe" des Farbtons wäre aber wohl die der Pigmentfarbe gewesen.
Somit sollte man herausfinden, welche Farbe den Farbton bestimmt hat.
Hie würden sich die Anwender dann wohl in Richtung des Farbtones orientieren - mehr oder weniger...

Da könnte unter falscher Nennung durchaus Sodalith eine Rolle spielen.
Sicher ist aber das Azurith dabei war (Danke, Chris! den hab ich glatt übersehen...).
Und ganz sicher Lapis-Lazuli, auch damals als "Königstein" bezeichnet.

Die Suche nach der Farbvorgabe wird sich also in eine Wissenschaft erweitern...
... und dann folgt noch die Frage nach der Machbarkeit...
Wie dicht sind die Leute dann herangekommen - und mit welchen Mitteln?
Der Schuss ins "Blaue" wird immer interessanter...

Noch eins:
Das mit dem "Blau machen" hatte nichts mit dem Verzehr von Alkohol zu tun...
... Es war vielmehr sehr Zeitaufwendig und schloss auch Wartezeiten mit ein...
So sah man die Tuchfärber beim Blaumachen "rumhängen"...

Zu den Metallen:
Es gibt auch Möglichkeiten, Kupfer zu einem leuchtenden Blau zu bekommen.
Ob das aber damals so angewendet wurde, dass konnte ich nirgends finden...

lg,
Frank
Modellbau ist Kunst - und manchmal Sport - und darf niemals als Arbeit gesehen werden!

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13

Freitag, 25. November 2011, 15:23

Hallo Frank,

stimmt schon, der Alkohol war nur indirekt daran beteiligt ...

Laut Wikipedia und Peter Lustig :D wurde 'Blau' am Sonntag angesetzt und Montags - wenn alle redlichen Menschen zur Arbeit gingen, schliefen die Färber 1. Ihren Rausch aus und 2. mußte das Farbgemisch ziehen. Blaumachen also in Bezug auf nix tun am regulären Arbeitstage...

Beiträge: 23

Realname: Tom

Wohnort: Pirna, Sachsen

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14

Freitag, 25. November 2011, 18:02

Hi,

Alle Farben die damals an Schiffen aufgetragen wurden, mussten mit Öligen Bindemitteln versetzt werden.
Azurit in Verbindung mit dem Bindemittel ergab nach kurzer Zeit ein eher unansehnliches Grün.
Und Lapislazuli war einfach damals viel zu teuer, es war viel preiswerter den Heckspiegel zu vergolden als mit Ultramarin (das Pigment wurde aus lapislazuli hegestellt) anzumalen.
Erst 1704 wurde das Berliner oder auch Pariser Blau genannt entdeckt, womit dann (zwar immer noch teuer, aber viel preiswerter wie die anderen Möglichkeiten) mehrere verschiedene haltbare Farben hergestellt werden konnten.

LG Tom

15

Freitag, 25. November 2011, 20:34

Hallo,
das "Berliner Blau" ist im übrigen überall gut beschrieben.
Es empfiehlt sich vielleicht, mal einen Blick auf Wiki zu werfen...
Da gibt es auch einen einfachen Farbabgleich (RGB-Farbwerte: 35, 44, 63).
Was dann so aussehen würde:



Das wäre zumindest eine Variante, die im 18. Jahrhundert hätte benutzt werden können...
Aber Nachweise hab ich bisher darüber auch nicht gesehen...

lg,
Frank
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16

Sonntag, 27. November 2011, 21:12

Hallo zusammen..

nachdem ich im www nix aussagekräftiges habe finden können, versuche ich diese Woche mal mein Glück bei der Innung und div. Unis.

Viele Grüße

Joachim

17

Montag, 28. November 2011, 15:11

Da bin ich wieder,

nach allerlei telefoniererei bin ich schließlich an eine junge Dame geraten, welche über ein erstaunlich fundiertes Wissen verfügt!

Sie riet mir unser Streben nach Aufklärung auf den Farbstoff Smalte auszudehnen welcher im 17. Jahrh. gut bekannt war - lediglich über den Preis und die zur Verfügung stehenden Mengen konnte sie nicht 100%ig Stellung beziehen. Ferner war ihr auch eine entsprechende Belastbarkeit der Farbe nicht eindeutig bekannt - zumindest nicht in Hinsicht auf die von uns zugrunde gelegte Verwendung an Schiffen.
kuckst Du:

https://www.seilnacht.com/Lexikon/Smalte.htm#geschichte

Ferner schloß sie genauso wie wir alle im Verlauf des bisherigen Blog's herausgefundenen Farben aus. Entweder techn. ungeeignet oder waren schlichtweg noch nicht verfügbar.

lg Joachim

18

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 11:07

Guten Morgen an alle 'in's Blaue Forscher',

letzter Stand der Dinge bei mir ist:

Nach einigen Schwierigkeiten ist es mir gelungen einen Professor der Kunst zu sprechen. Anfangs war er wenig interessiert und somit auch nur mäßig engagiert (regelrecht genervt) aber nach einem Weilchen erwachte er ein wenig und stellte bezüglich unserer bisherigen Ergebnisse recht punktierte Fragen (zum Glück hatte ich mir einen Spickzettel vorbereitet). Als ich schließlich wieder auf Smalte zu sprechen kam, äußerte er sich in etwa:

... das zwar Smalte recht günstig und in passablen Mengen verfügbar war, das jedoch nur in Hinblick auf die Verwendung in der Kunst. Womit er erst einmal ausschließen wolle, das für zentausende von Quadratmetern dieser Farbstoff wirtschaftlich zur Verfügung stand. Darüberhinaus diene Smalte eher als ein Basisfarbstoff, welcher erst durch Mischen mit Anderen zur Vollendung und Anwendung käme. Ferner zweifelte er ein wenig an der sicheren Verwendbarkeit dieser und anderer in großen oder größeren Mengen damals existierender Blautöne in Hinblick auf extremste maritime Witterung, wolle dazu aber definitiv keine endgültige Stellung beziehen, sondern sich erst einmal mit Kollegen beraten...

Na, da sag' ich doch erst mal Danke!

Interessanterweise kam er von ganz alleine auf die der Diskussion zu Grunde liegende Fläche in m² und das ohne Ahnung von Seefahrt und Schiffen zu haben - nach eigener Angabe. Er leitete das ganz Simpel ab in dem er es von einem Schiff auf die ganze Flotte oder zumindest einen Teil der Selben projizierte. Hut ab!

Auf meine vorsichtige Frage ob das Thema interessant genug für ihn wäre, um daraus eine Semesterarbeit zu machen verwies er mich mit diesem Anliegen an die Kollegen des Studienganges Geschichte...

Naja, ist doch aber auch so ganz i.o. oder?

Viele Grüße an Euch alle und nochmals vielen Dank für Eure seriöse Teilnahme am Thema :respekt:

Joachim

P.S.: Hab' ich ganz vergessen; Der gute Prof. verwies u.a. auf die nicht gerade zum besten bestellte finanzielle Situation Frankreichs zu dieser Zeit. Er mutmaßte, daß die knapp zur Verfügung stehenden Mittel wohl eher in den Schiffbau investiert wurden und weniger in das Schiffblau...

19

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 14:34

Also das ist ein Thema bei dem ich mir schon sämtliche Haare ausgerissen habe vor Wut als ich blaue Wasas oder Soleil Royals gesehen habe. Gott sei dank wachsen die mir nach, äh..Die Haare, nicht die blauen Soleil Royals und Wasas.
Vor 1730 oder ich glaube "sogar" 1725 gab es kein blau im Schiffbau. Einfach unmachbar und zu teuer.
Danach wurde blau massif benutzt. Vor 1790 war bei britischen Schiffen über der obersten Kanonenbatterie alles blau mit goldenen Ornamenten.
Auch bei den kleinsten Bricks für die man nicht gerade so viel ausgeben wollte.
lg
hms

20

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 16:58

Hallo Herr Milton,

seriöööse Stellungnahme (:)) auf genau meiner Welle, welche mich dazu bewog dieses Thema (vermutlich zum X-ten male) hier anzuschneiden. In all den Jahren habe ich sehr oft in Büchern oder aber auch im Fernsehen bei historischen oder wissenschaftlichen oder historisch-wissenschaftlichen Sendungen das Selbe herausgehört! Bei der Vasa ist man ja schon nach eindeutigen, also beweisbaren Erkenntnissen vom 'Blau' abgerückt und hat sich nun dem 'Roten' zugewandt. Das Problem bei der ganzen Sache sind vorhandene Gemälde, Aquarelle und anderes Bildmaterial, welches die breite Masse dazu bewog es einfach als war hinzunehmen. Eingangs dieses Blogs führte ich dahingehend noch mal die 'künstlerische Freiheit' auf. Dennoch, sicher bin ich mir immer noch nicht! Die Selbstsucht Ludwigs XIV ist allgemein bekannt, ebenso sein Hang zur Verschwendung... Bleibt die Frage nach den technischen Möglichkeiten bis zum 18. Jahrhundert. Heiwei. Nochmals möchte ich zwar bescheiden aber dennoch dringlich auf Originalmodelle aus dieser Zeit aufmerksam machen - da ist nix blau :( .

lg Joachim

21

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 17:44

Bleibt die Frage nach den technischen Möglichkeiten bis zum 18. Jahrhundert

Ging nicht. Es gibt zwar ein Bild von der Soleil Royal wo die von unten bis oben blau ist. Die Maler die diese Gemälde gemalt haben waren keine Schiffbauer oder Matrosen. Die wollten nur die Schiffe prächtiger und grösser wirken lassen. zb mit blau. Ich bleibe bei der Meinung bis jemand mir das Gegenteil beweisst.
Ludwig der vierzehnte, wie sehr ich ihn auch liebe konnte noch kein blau für Schiffe haben. Sonst hätte er auch Versailles blau angemalt :abhau: .
lg
hms

22

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 17:45

PS: Ich war im Musée de la Marine. Kein blau bei älteren Modellen. Unmöglich.

23

Donnerstag, 1. Dezember 2011, 22:57

PS: Ich war im Musée de la Marine. Kein blau bei älteren Modellen. Unmöglich.
Stimmt auf den Punkt! Zumindest für originale Modelle! Weder in Paris, noch in Rochefort oder Toulon ist Blau für dieses Jahrhundert zu finden. Auch nicht in Museen in Engelland, Spananien oder in Minga (München) oder Bremerhaven (wenn vorhanden, da Leihgaben nun mal wandern). Die weiter oben im Blog von mir erwähnte junge Dame meinte dazu übrigens noch; das in jener Zeit blau ein weithin sichtbares Zeichen für Reichtum war und demzufolge im militärischen Bereich möglicherweise Macht suggerieren sollte. Wenn wir diesen Faden weiter spinnen, könnten also bestenfalls Schiffe welchen repräsentativen Charakter hatten mit dem sehr teuren Blau gepönt gewesen sein - ohne es verifizieren zu wollen nenne ich hier mal die 'Reale de France' als Beispiel. Da die Selbe als 'Königliche Galeere' gilt, könnte man mutmaßen das sie eine Art Stationsschiff gewesen sein kann - also zwar Kriegsschiff aber da jedoch mit geringem Kampfwert eher als Schiff für besondere Anlässe. Ich bleibe mal so frei und rede mir die Sache weiter schön: Als ein Schiff für eine solche Verwendung würde sie eher selten den Hafen mit seinen nicht ganz so widrigen Witterungsverhältnissen verlassen. Hinzu kommt; Galeeren verließen den Hafen sowieso nur für Patrouillenfahrten, welche eher kurzer Natur waren (warum die Franzosen so lange an den Galeeren festhielten, habe ich bis heute nicht verstanden - immerhin waren sie es doch, die zu dieser Zeit schon lange wussten was ein einzelnes Segelkriegsschiff gegen 40(!) Galeeren ausrichten kann (siehe 'Le Bon')). Zurück zum Blau. Würde also EIN Schiff im weithin sichtbaren teuren Blau gestrichen sein, noch dazu ein Vorzeigeschiff, dann könnten die Menschen jener Zeit durchaus dazu bereit gewesen sein den Anstrich dieses einen Schiffes durch Übertreibung (aus welchen Gründen auch immer) so nach und nach und Meter für Kilometer weiter von der Küste weg ... auf alle Schiffe der Flotte zu auszudehnen. Schwupps, wir sind wieder bei der künstlerischen Freiheit angekommen! Und wenn nun auch noch ein Künstler ein Buidl ... äh, Bild eines solchen Schiffes malert, so könnte er es doch für hübsch befunden haben - sich dabei solcher Geschichten über eine blaue Flotte erinnernt - sein Schiff auch in blau zu pinseln, ließ sich bestimmt allemal besser Verkaufen. Als kleine Erinnerung oder aber auch Info: Die in den 'Souvenirs de Marine' gezeigte Rekonstruktion der 'La Couronne' hat zwar auch blaue Schanzkleider, jedoch weist gleich der erste Satz der Beschreibung darauf hin das es ein Amateur war (welcher die Erlaubnis hatte das Archiv zu benutzen) der für diese Darstellung verantwortlich ist. Einer? Und wieso Amateur? Was hat er denn sonst so gemacht? War er Farbenspezialist? War er Historiker? War er Schiffbauer oder Seemann? War er gar hunderte von Jahren alt und hatte das 17. Jahrhundert selbst erlebt? Wieder nix! Vergessen wir also Fehler(?) welche in der jüngeren Vergangenheit gemacht wurden und wenden uns wieder der Logik zu - und die entstammt nun mal dem Verständnis zusammengetragenen Wissens(!)

Vielen Dank für Deine Unterstützung in Hinblick auf die Modelle HMS :) , insgesamt wurden sie bisher noch nicht beachtet.

lg Joachim

24

Freitag, 2. Dezember 2011, 13:31

Bei späteren Schiffen: HMS Royal George 1756, Brittania 1762, Victory 1765, Barfleur 1768, Bellona (Jahr vergessen), war alles über der obersten Kanonenbatterie blau. Das siehst du an jedem Modell das damals gebaut wurde. Vor 1750 weiss ich auch nicht weiter. Aber in Frankreich wurden andere Farben benutzt.
lg
hms

25

Freitag, 2. Dezember 2011, 18:48

Hallo Modellbaufreunde :wink:

muß auch mal meinen Senf ablassen. Die Bezeichnung von Farben rührt von den Materialien her. Man muß zwischen mineralischen Farben (Ocker, Cobaltblau, Zinkgelb), organischen Farben ( Indigoblau, Karminrot) und künstlichen Pigmenten, meißt aus Erdöl gewonnen und mit Phantasienamen (Maigrün, Grellrot, Sonnengelb) unterscheiden.
Nicht alle Pigmente können für die Herstellung von Beschichtungen verwendet werden. Färberweid konnte nur bei Textilien angewendet werden.
Gruß, Torsten die Landratte :pc:

Im Bau: Steampunk: Valortanica und Geheimer Hafen, Krabbenkutter, DUKW 1:35 RC

26

Dienstag, 6. Dezember 2011, 14:48

Hallo Torsten,

prima Zusammenfassung, kurz und bündig! Tatsächlich scheidet Indigo aus Färberwaid oder Indigofera aus. Es konnte nicht nur nicht haltbar genug gemacht werden, sondern es pflegte bei zuviel Feuchtigkeit auch noch zu schimmeln (demnächst werde ich mal eine Linkliste aller Seiten einstellen, welche ich auf der Suche nach Antworten gefunden habe). Mineralische Farben sind die Antwort! Jedoch war zur gewünschten Zeit (17. Jahrhundert) noch keine tatsächliche Massengewinnung wetterbeständiger Blaufarben erreicht. So zumindest meine Behauptung am Anfang des Blog's. Die bisherigen Ergebnisse scheinen das zu bestätigen. Nun forschen eine Menge 'Wettringer' in alle Richtungen, um zu einem Glaubhaften Abschluss des Themas zu gelangen. Das ist ein Paradebeispiel für die Vorteile einer Gemeinschaft = gemeinsam mehr erreichen :ok:

lg Joachim

27

Donnerstag, 8. Dezember 2011, 20:39

Hallo Joachim :wink:

Danke für die Lorbeeren. Mußte aber mal mein Wissen wieder etwas auffrischen:
Pigmente unterscheidet man in Natürliche und Künstliche; diese werden dann jeweils in Organische und Anorganische unterschieden.
Natürliche Pigmente werden so verwendet wie sie in der Natur vor kommen. Die Namensgebung beruht dann auf der Herkunft oder dem Stoff. Allerdings lassen sich nicht aus allen Beschichtungsstoffe herstellen. Künstliche Pigmente werden dann durch chemische Prozesse gewonnen.
So hab ich denn gelesen, das Berliner Blau (hat noch di verse ander Namen) gegen 1706 erfunden wurde. Lapislazuli oder Königsblau dürfte auf Grund des hohen Preises nur für für bestimmte Schiffe, wenn überhaupt, verwendet worden sein.
Man das ist aber auch ein Tortur mit den Farben!!! Uff!!! :verrückt:
Welche Gesichtsfarbe bekommt ein Schlumpf wenn man ihn würgt????? :D
In diesem Sinne
Gruß, Torsten die Landratte :pc:

Im Bau: Steampunk: Valortanica und Geheimer Hafen, Krabbenkutter, DUKW 1:35 RC

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