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Mittwoch, 27. September 2017, 09:34

Wasserbetten für kleine Schiffe

Ich bin jetzt mehrmals gebeten worden, noch einmal im Zusammenhang zu erläutern, wie ich die Wasserbetten für meine Modelle gebaut habe. Das tue ich natürlich gerne. Als Beispiel dafür fungiert hier die kleine Sinagot von Heller, die ich schon vor geraumer Zeit gebaut und hier vorgestellt habe.



Es beginnt mit einem passend zugeschnittenen Stück Styrodur aus dem Baumarkt. Das Material ist dem bekannten Styropor recht ähnlich, aber wesentlich konsistenter und überhaupt nicht bröckelig. Abschnittreste etc. lassen sich leicht entsorgen und kleben nicht jahrelang an der Kleidung. Da bei meiner Baupraxis scharfe Kanten des Styrodur-Stückes keine Rolle spielen, schneide ich es mit der Laubsäge oder sogar mit der elektrischen Stichsäge. Schneidet man es mit einem längeren Messer, bekommt man zwar scharfe Kanten, aber die werden gerne mal schräg, weil die Klinge sich beim Schneiden verbiegt. Wenn ich weiß, wie das Modell platziert werden soll, muss ich eine Aussparung dafür in die Platte schneiden, in die es möglichst genau passt. Dazu gibt es viele Methoden, ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass sie alle auf ein kleinteiliges Schnitzen und Ausprobieren hinauslaufen. Hier und da ein Millimeter Spiel zwischen Platte und Rumpf ist nicht so schlimm.





Anschließend packe ich das Modell in dünne Frischhaltefolie. Sie sollte am Rumpf möglichst eng anliegen. Wie das zu bewerkstelligen ist, wird durch die Form des Modells vorgegeben. Die Frischhaltefolie sollte nicht auf die Platte herunterhängen.



Es folgt die Gestaltung der Wasseroberfläche. Ich verwende dazu handelsübliches Toilettenpapier, das ich in ganzen Stücken auflege und dann mit einem mittelgroßen Borstenpinsel und einem Wasser/Weißleim-Gemisch zu Wellen forme. In Verbindung mit Wasser verwandelt sich das Toilettenpapier ziemlich schnell in einer Art Papierbrei. Es braucht ein bisschen Erfahrung, bis es gelingt, in der entsprechenden Zeit das gewünschte Wellenbild herzustellen, bevor man nur noch amorphen Brei auf der Platte hat, der sich nicht mehr modellieren lässt. Hat man den Dreh aber einmal raus, geht alles ziemlich schnell. Gefällt einem eine Passage nicht so recht, kann man (gegebenenfalls nach dem ersten Antrocknen) neues Papier auflegen und die Stelle neu modellieren. Rund um die Bordwand drücke ich etwas Material gegen den Rumpf, auch um die Einpassung des Modells noch enger zu machen. Außerdem ziehe ich das Papier über die Kanten hinweg, so dass auch die Seitenflächen der Platte eine Struktur erhalten.
Selbstverständlich kann man bei diesem Vorgang das Wellenbild beim Fahren, die Verwirbelungen einer Schiffsschraube und das aufschäumende Kielwasser darstellen. Je anspruchsvoller die Gestaltung der Wasseroberfläche ist, desto schwieriger wird sie allerdings auch. Ein Trost: Wenn einem alles misslungen scheint – abwarten. Das angetrocknete Papier geht mit der Platte keine feste Verbindung ein und kann mit ein bisschen Kraft wieder rückstandslos abgezogen werden.





Das ganze Ensemble trocknet am besten an einem warmen Sommertag draußen auf der Terrasse.



Anschließend wird das Modell ausgeformt. Dazu zunächst das Modell aus seiner Folienhülle nehmen.



Dann die Folie vorsichtig von den Rändern der Platte abziehen. Wenn das Papier gut angetrocknet ist, lässt sich die Folie in der Regel ohne Beschädigungen entfernen.



Et voila!



Anschließend grundiere ich die Platte mit verdünnter Abtönfarbe. Ein mittlerer graugrüner Farbton hat sich dabei als sinnvoll erwiesen.



Dann erfolgt ein Überzug mit stark verdünnter Ölfarbe. Ich mische diese Farbe je nach der Art von Wasser, die ich darstellen möchte. Grundfarben sind Preußisch Blau, Ultramarinblau, Umbra und Vandyckbraun. Ich habe anfangs gedacht, ich sei unfähig, solche Mischungen zu meiner Zufriedenheit herzustellen. Ein bisschen Anleitung und ein bisschen mehr an Übung haben das Gegenteil erwiesen. Die Ölfarbe kann sehr stark verdünnt aufgetragen werden, trotzdem deckt sie gut und ist in ganz erstaunlich kurzer Zeit trocken. Es ist dann möglich, sie mit einem anderen Farbton deckend überzulackieren, und diesen Vorgang kann man beliebig oft wiederholen, bis einem das Ergebnis gefällt.



Die stark verdünnte Ölfarbe trocknet in der Regel matt auf. Wasser aber glänzt. Daher abschließend ein Überzug mit glänzendem Klarlack. Danach glänzt das Wasser nicht nur, die Papierwellen nivellieren und runden sich auch etwas. Je nach Belieben kann man den Überzug mit Klarlack mehrmals wiederholen und damit die Wasseroberfläche in einzelnen, gut zu kontrollierenden Schritten wieder etwas glätten.



Zum Bau des Rahmens ist nicht viel zu sagen. Ich passe ihn erst dann an die Platte an, wenn ich deren genaue Maße kenne.



Eine halbwegs gut funktionierende Gehrungssäge hilft beim Zuschneiden der Teile. Da sie später lackiert werden, kann man an den Kanten der Passform aber mit Spachtelmasse nachhelfen.



In den zusammengeklebten Rahmen klebe ich eine möglichst genau passende Platte aus starkem Karton ein. Die bekommt in der Mitte einen Ausschnitt (auf dem Foto nicht zu sehen), damit ich sie bei der Lackierung in der Hand halten kann, ohne den Rahmen zu berühren. Das erspart mehrere einzelne Bemalungsvorgänge. Ich habe bis jetzt alle Rahmen weiß gestrichen, werde aber in Zukunft sicher auch einmal mit anderen Farben experimentieren. Die weiße Farbe dient dann als Grundierung.



Und so sieht das fertige Ensemble aus. Ich wähle die Höhe der Rahmen immer etwas kleiner als die Höhe der Platte. Vorlage dafür war ein altes Diorama aus dem Marinemuseum in Paris. Außerdem wahrt der Rahmen einen kleinen Abstand zur Platte, bildet also eine sogenannte Schattenfuge. Das alles ist natürlich Geschmackssache, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein eng anliegender und gleich hoher Rahmen dem Ganzen den Eindruck eines kleinen Swimmingpools gibt. Mir gefiel das nicht.





Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

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Mittwoch, 27. September 2017, 09:59

Hallo Schmidt,

:ok: :ok: :ok: :love: :love: :love:

LG
Oliver

Beiträge: 3 344

Realname: Franz Holzhauser

Wohnort: Bad Hönningen

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3

Mittwoch, 27. September 2017, 11:18

Danke für diese eindrucksvolle Erläuterung.
:ok: :ok: :ok:
der Franz :abhau:


im Bau: Nao Victoria 1:50





4

Mittwoch, 27. September 2017, 12:39

Moin Schmidt,

vielen Dank. Das war sehr schön, anschaulich und leicht verständlich erklärt und beschrieben. :ok: :ok:

Gibt es noch die Fortsetzung mit den weißen Wellenkämmen?

Ingo
"Kein Kommandant geht fehl, wenn er sein Schiff neben das des Feindes legt"
Lord Nelson


Liste meiner Modellbau-Projekte im Portfolio

5

Mittwoch, 27. September 2017, 14:41

Danke,

eine einfache wie ebenso grandiose Technik, wirklich toll erklärt.

"Alles, was ein Mensch sich heute vorstellen kann, werden andere Menschen einst verwirklichen." - Jules Verne


Eine großartige Modellbauzeit wünscht
Ray

6

Mittwoch, 27. September 2017, 16:03

Hallo Schmidt,

vielen Dank dafür...ein Nachahmer mehr..

Viele Grüße

Thorsten

Beiträge: 3 448

Realname: Johann

Wohnort: Münchsmünster

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7

Mittwoch, 27. September 2017, 19:51

Wasserbetten für kleine Schiffe ...
was für ein Titel!
Schöne Anleitung anhand eines schönen Modells.

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