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Mittwoch, 19. Juni 2013, 10:35

Kaiser Franz Joseph I.

Das Folgende ist kein klassischer Baubericht, sondern eher ein Bau-Ergebnis-Bericht. Ich musste in den letzten Monaten einige hier vorgestellte Polystyrol-Projekte abbrechen oder zumindest hintanstellen, um eine Arbeit beenden zu können, die ich vor fast sieben Jahren begonnen habe. Jetzt bin ich kurz vor dem Ziel und möchte meine Arbeit, über die ich in anderen Foren ausführlich berichtet habe, auch hier sehr gerafft darstellen.

So fing alles an: ein grobpixeliges Foto auf einer digitalen Versteigerungsplattform, das mich aufmerksam werden ließ:



Natürlich der berühmte "Dachbodenfund", bei dem es auch möglich sein kann, dass die Sachen völlig zu Recht beim Gerümpel gelandet sind.
Ich war dennoch interessiert und bot mit. Es wurde nicht ganz billig, zwei oder drei andere Interessenten witterten wohl auch etwas Lohnenswertes; aber ich erhielt den Zuschlag. Drei Wochen und einen nervigen Briefwechsel später lag das Teil im Kofferraum meines Autos und fuhr in sein neues Zuhause. Das liegt jetzt fast sieben Jahre zurück.
In der ersten Phase meiner Arbeit wollte ich zweierlei wissen.
1. Was ist das?
2. Ist das wirklich was Besonderes, dessen Restaurierung sich lohnt?

zu 2.
Tatsächlich war das Modell (knapp 160 cm lang) so beschädigt, verstaubt, verdreckt etc., dass die Analyse nicht ganz leicht fiel. Mut machte mir dann die erste Reinigung eines Beschlagteils, einer Dampfwinsch:



Die Entscheidung war gefallen, eine Restaurierung anzugehen. Ich erklärte ein kleines, vorübergehend leer stehendes Zimmer zur Demontagehalle. In den nächsten Tagen pflückte ich Hunderte von Einzelteilen von dem Modell herunter, die sich zum Glück alle weitgehend problemlos lösen ließen, da sie nur mit dünnen Nägeln befestigt waren. Dabei fotografierte ich jeden Handgriff. Die Teile wurden gesäubert und in Kästen gesammelt.






zu 1.
Dass es sich bei dem Modell um etwas nicht ganz Durchschnittliches handelte, bewiesen mir ja nach ihrer Säuberung die Beschlagteile. Allein die große Ankerwinsch (oben) ist ja ein kleines Kunstwerk, zusammengesetzt aus vielen, teils blanken, teils brünierten Messingteilen, die allesamt in Handarbeit entstanden sein müssen. Also machte ich mich auf die Suche nach einem historischen Vorbild für das Modell. Der Vorbesitzer konnte mir wenig über die Herkunft des Modells sagen. Einziger Hinweis war der (mit Tinte?, jedenfalls ziemlich unprofessionell) auf den Bug gemalte Name:



Nun leben wir im Zeitalter der Information (über alles und jedes), und es war nicht sehr schwer, einen ca. 160 Meter langen Zweischornsteiner zu ermitteln, der irgendwann in seiner Laufbahn "Marco Polo" geheißen hat. Tatsächlich handelt es sich um die Kaiser Franz Joseph I., gebaut 1912 in Triest als das größte Schiff der k.u.k. (österreichischen) Handelsmarine.
So hat sie 1913 ausgesehen:



Nach dem ersten Weltkrieg fiel sie zusammen mit Triest an Italien und wurde in Presidente Wilson umbenannt. Die Schornsteine sind etwas verkleinert.



Und dies ist sie als Marco Polo aus den 30er Jahren, zwischenzeitlich hieß sie auch Gange (Ganges); jetzt weiß lackiert und mit noch kürzeren Schloten:



Das Modell war offenbar parallel zu seinem Vorbild umlackiert um umgebaut worden, wobei diese "Anpassungsmaßnahme" keineswegs so sorgfältig ausgeführt worden war wie das Modell selbst, das, wie ich heute weiß, zusammen mit dem Original im Jahr 1912 gefertigt wurde.
Im Folgenden noch zwei Detailfotos vom Zustand, in dem ich das Modell erwarb. So gut "weathern" kann nur die Zeit selbst.







Ich denke, man kann nachvollziehen, dass ich während der ersten Sicherungsmaßnahmen schwer zerrissen war: Einerseits wurde mir immer klarer, was für ein (historisches!) Schmuckstück ich da vor mir hatte, andererseits war der Grad der Zerstörung, des Verfalls und der Verunstaltung doch sehr sehr groß! Würde überhaupt irgendwer es schaffen, dieses Modell zu restaurieren? Und könnte dieser Jemand ich sein? Immerhin, ich hab's gewagt.

Fortsetzung folgt in Kürze
Schmidt
Restaurierung eines Werftmodells aus dem Jahre 1912 jetzt als Webseite: http://kaiserfranzjoseph.de/
Über das Bemalen mit Humbrol- und Ölfarben: http://www.wettringer-modellbauforum.de/…9193#post739193

2

Mittwoch, 19. Juni 2013, 10:41

da bin ich echt gespannt was du da erreicht hast!!
also diesen bericht verfolge ich weiter mit großem interesse! :dafür:
Viele Grüße :ahoi:
markus
(der Captain)

3

Mittwoch, 19. Juni 2013, 12:30

Grandios spannend und Glückwunsch zu dem Fund!!

LG, Mathias

4

Mittwoch, 19. Juni 2013, 13:30

Eine echte Herausforderung, aber eine die sich sicherlich gelohnt haben wird... ;)


lg,
Frank
Modellbau ist Kunst - und manchmal Sport - und darf niemals als Arbeit gesehen werden!

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Beiträge: 1 064

Realname: Stefan

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5

Mittwoch, 19. Juni 2013, 14:48

Wird sicher ein echtes Juwel, wenn die fertig ist. Ich bin gespannt, wid es weitergeht.
Macht´s besser,
Stef

Auf Lager:
Tamiya Baja King TL-01B
Junkers-Ju 88 A-4 1:48
Sopwith Camel 1:72

6

Mittwoch, 19. Juni 2013, 17:28

Das ist ja mal ein sehr spannendes Projekt! Die vorher/nachher Bilder der Details versprechen ja schon einiges! Bin gespannt, was da noch kommt!

Schöne Grüße
Henning
Kritik ist Lob an jemandem, dem man mehr zutraut

7

Mittwoch, 19. Juni 2013, 17:31

ich mach mir da keine sorgen! der schmidt macht das schon.....freu mich!

8

Donnerstag, 20. Juni 2013, 09:14

Danke für das Interesse!
Leider habe ich, als ich das Wrack bekam, völlig vergessen, Ganzkörperaufnahmen davon zu machen. Ich war so fixiert darauf, die Demontage für einen späteren Wiederzusammenbau zu dokumentieren, dass ich gar nicht mehr daran gedacht habe. Erst als praktisch alle Kleinteile abgenommen waren UND das Modell oberflächlich gereinigt und völlig demontiert war, habe ich es wieder provisorisch zusammengesetzt und aufgenommen. Die Fotos unten zeigen also einen Zwischenzustand. So ist u.a. die weiße Farbe bereits weitgehend von der Bordwand geschliffen.
Dennoch zeigen die Fotos, so denke ich, noch ganz gut, wie gruselig das Modell aussah.











Ich erinnere mich, das war ein Status, an dem mir der Mut sank. Die Demontage war zwar gelungen, ohne noch mehr zu beschädigen, aber jetzt sah ich deutlich vor mir, dass ich praktisch jeden Quadratmillimeter Oberfläche reinigen, ausbessern und/oder lackieren musste.

Schmidt
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9

Donnerstag, 20. Juni 2013, 09:44

Willst du eigentlich nur "restaurieren", oder das Modell zu Hochglanz aufpeppen?

lg,
Frank
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10

Donnerstag, 20. Juni 2013, 09:51

Moin Schmidt,

ich glaube ich bin in einem anderen Forum schon mal über dein Projekt gestolpert. Uns erwarten noch ganz tolle Dinge :)

Ich bleibe gerne dabei und genieße deinen nicht ganz klassischen Bericht.

LG :wink:
Marcel

Beiträge: 989

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Wohnort: Bautzen, seit 2013

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11

Donnerstag, 20. Juni 2013, 10:15

Hallo,

eigentlich bin ich ja in der Schiffle-Ecke so gut wie gar nicht unterwegs, ich stolper hier sehr selten rein...
Aber ich kann schon allein dein Gefühl nachvollziehen als du in Erfahrung gebracht hast was für ein Schmuckstück du da gefunden hast. Einerseits wegen der Detailverliebtheit, andererseits noch viel eher wegen dem hohen Alter. Es muss toll sein und dich sehr stolz machen so ein Unikat ins Leben zurückgeholt zu haben, da kann man sich sehr gut miterfreuen.

Ich bleibe mal dran, da es mich jetzt auch interessiert wie gut der alte Herr / die alte Dame mittlerweile wieder aussieht.

MfG :wink:

12

Donnerstag, 20. Juni 2013, 10:25

Willst du eigentlich nur "restaurieren", oder das Modell zu Hochglanz aufpeppen?


Das war genau die Frage, von der ich damals glaubte, ich dürfte sie mir stellen. Die Beschäftigung mit dem Modell zeigte dann aber. dass ich gar kein Wahl hatte. Ich musste z.B. so vieles KOMPLETT neu lackieren, dass ich, wenn ich andere Partien der gleichen Farbe (weiß) nur gereinigt hätte, einen unschönen Farbmix bekommen hätte. Das Modell wäre dann nach oben hin immer heller geworden - so wie es auf den Bildern oben nach oben hin immer dunkler wird.

Schmidt
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13

Donnerstag, 20. Juni 2013, 10:26

Aber ich kann schon allein dein Gefühl nachvollziehen als du in Erfahrung gebracht hast was für ein Schmuckstück du da gefunden hast. Einerseits wegen der Detailverliebtheit, andererseits noch viel eher wegen dem hohen Alter. Es muss toll sein und dich sehr stolz machen so ein Unikat ins Leben zurückgeholt zu haben


Du triffst es! Das war es auch, was mich 7 Jahre bei der Stange gehalten hat.
Schmidt
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14

Donnerstag, 20. Juni 2013, 10:28

Willst du dann auch was ändern?
Z.B. nach Fehlern im ursprünglichen Modell suchen, oder eine andere Zeit (wurde ja mehrfach umgebaut) darstellen?
Kommt vielleicht sogar Licht dran? (Wäre jetzt ja möglich)

lg,
Frank
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15

Donnerstag, 20. Juni 2013, 10:42

Auch diese Fragen haben sich mehrfach gestellt. Ich habe versucht, das Modell in den Ursprungszustand zurückzuversetzen, also als die Kaiser Franz Joseph I. des Jahres 1912. Dazu mussten insbesondere die Schornsteine wieder erhöht, die Bordwand wieder schwarz und die Boote weiß lackiert werden. Ansonsten habe ich mich beinahe sklavisch an das Original gehalten. Zumindest, was das Aussehen anging. Einige Teile, die verloren waren, sind z.B. durch Abformung und Resinguss neu entstanden.
Ein glücklicher Umstand war, dass ich 2009 ein Schwestermodell ermitteln konnte, das definitiv aus derselben Werkstatt stammt. Ich konnte es bei einer Ausstellung in Genua fotografieren und hatte damit einen 3 D Bauplan für die Rekonstruktion.

Hier noch ein Foto des Modells vermutlich aus dem Jahr 1943, als es in den Besitz des Mannes kam, von dem ich es erworben habe. Ein Vergleich mit dem ersten Foto ganz oben zeigt, wie sehr es in der Zwischenzeit noch gelitten hat.



Schmidt
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16

Donnerstag, 20. Juni 2013, 12:03

Mann, Mann, Mann ... der Schmidt ...
was er hier so halbwegs locker darstellt war eigentlich ein Mammutwerk zwischen Sisyphos und Herkules ...

was er da auf die Beine gestellt hat leuchtet wie eine Supernova ...
und hier stellt er das Licht ganz bescheiden unter den Scheffel und lässt es blos ein bischen leuchten ?
tztztztz ... das geht doch gleich gar nicht !

Schmidt, sei mir bitte nicht bös wenn ich ein wenig vorweg greife ...
aber da gibt es einen Ort der mir schon diverse Stunden erstklassiger Kurzweil beschert hat ....
vor allem die vielen Details mit den Aufs- und Abs sind es die wirklich zählen ...
und sie sind es die wirklich erahnen lassen was Du tatsächlich geleistet hast !

Wers lesen mag bitte ... und wer nicht darf sich hier die Spannung weiter aufrecht erhalten ...
all denjenigen die es nicht mehr aushalten möchte ich die folgende Seite nahelegen :
https://www.u-boot-net.de/phpBB/viewtopi…c4f15265d50dd88

Keine leichte Lektüre ... seid gewarnt ... das kostet Euch Stunden !
Die Belohnung sind aber Stunden höchst fesselnden und in jeder Hinsicht faszinierenden Lesens ...
ein Kriminalroman der Modellrestauration !
(Für mich) unendlich spannend wie es sich entwickelte ...
mit fast allen Hoch- und Tiefpunkten die man sich so vorstellen kann .
oder als Modellbauer auch manchmal lieber nicht vorstellen möchte ...

Das geht weit über normalen Modellbau hinaus ...ist Modellarchäologie ..
beginnend beim Ausgraben ... detektivische Nachforschung in der Vergangenheit ...
das Wiederentdecken wundervoller alter Modellbau-Techniken ... weitere Funde in Südeuropa ...
voller Details und Lösungsansätze für diverse Probleme des Modellbaus ...
was sag ich ... lest selbst .... hier und dort ... das ist es wert .... !

Mann Schmidt, was hab ich alles dabei gelernt ... Danke, Danke, Danke !
Mit einem Endergebnis wie ich es mir schöner kaum vorstellen kann ...

Auch hier im Kurzbericht (?) setzt ich mich gerne wieder in die erste Reihe
kanns gar nicht erwarten wie es hier weiter geht !
Grüße aus dem "Wilden Süd-Westen"
Markus

"When all else fails ... Read the instructions" ( LINDBERG 1965 )

Youth, talent, hard work, and enthusiasm are no match for old age and treachery !
( In memoriam Prof. John A. Tilley, † 20.07.2017 )

17

Donnerstag, 20. Juni 2013, 12:27

...sag mal, Schmidt, das Pflaster auf dem letzten Build, brauchst Du das zum Renovieren des "Kaisers" oder zum Renovieren Deiner selbst?
:wink:
Es rauscht wie Freiheit, es riecht wie Welt.
Naturgewordene Planken
sind Segelschiffe. Ihr Anblick erhellt
und weitet unsere Gedanken!
Joachim Ringelnatz

18

Donnerstag, 20. Juni 2013, 12:48

@ showrodder

Bitte erlaube mir, dass ich mit einer stummen, aber sehr tiefen Verbeugung antworte.

@Stüermann

Hab ich gerade auch gesehen. Die schlimmsten Verletzungen, die ich mir an dem Teil geholt habe, gingen eher in die Tiefe. Z.B. innere Zerrungen durch schweres Bedenkentragen. Sieger des internen Wettbewerbs sind aber wahrscheinlich meine Schultern, die ich bei der abschließenden Arbeit an der Takelage der Ladebäume zu Beton verspannt habe.

;) Schmidt
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19

Donnerstag, 20. Juni 2013, 13:20

Zitat

Sieger des internen Wettbewerbs sind aber wahrscheinlich meine Schultern, die ich bei der abschließenden Arbeit an der Takelage der Ladebäume zu Beton verspannt habe.

Tscha, da hättest Du Dir wohl am besten zum Weihnachten vorher den großen Baukran von Siku schenken lassen sollen, dann hättest Du die Bäume nicht auf die Schulter nehmen müssen...
:wink:
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Joachim Ringelnatz

20

Donnerstag, 20. Juni 2013, 18:57

Ein sehr interessantes Projekt. Da muß ich häufiger Reinschauen.

Aus was für einem Material ist der Kahn? Metall und Holz ...?
Ich habe stets mehrere Modelle im Bau, oft gibt es längere Pausen. Aktuell im Bau, bzw. in den letzten Monaten immer mal etwas dran gemacht: die hier gezeigten Modelle im Thread "Querbeet". --- Ansonsten viel Gartenarbeit beim Erstellen eines neuen Gartens auf einem komplett runtergekommenen Geröll- und Müll-Grundstückes. usw ........ :wink:

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21

Donnerstag, 20. Juni 2013, 19:17

cooles Projekt da bleib ich am ball.
mfg Christian
Der Nachbar hört AC/DC ob er will oder nicht :cracy:

22

Donnerstag, 20. Juni 2013, 23:18

Hi,
sehr schönes Schiff. Gratulation zum erfolgreichen Gebot.
Werde auch weiterhin schauen was der Fortschritt macht.
:ok: Gruß Heiko :ok:
Im Bau: Black Pearl im Ms 1:60
im Bau: Schubschiff als RC Einstieg
in Arbeit: Ulsteins XBow

Hütet euch vor Sturm und Wind und Ossi's, die in Rage sind.

23

Freitag, 21. Juni 2013, 10:36

Ein altes Modell zu zerlegen ist in der Tat eine Art archäologischer Arbeit. Ich war zunächst in Hochstimmung geraten, weil sich die Beschläge so gut ablösen ließen, da sie nicht geklebt, sondern gestiftet waren. Aber wie sollte ich die Decks voneinander trennen? Wären sie miteinander verklebt, könnte ich sie nicht ohne schwere Beschädigung voneinander trennen. Nach einer ziemlich langen Suche fiel mir ein Deckshaus auf dem obersten Deck auf, dessen Dach ebenfalls gestiftet war. Vorsichtig abgehebelt, gab es eine große Holzschraube frei, die die Decks miteinander verband. War der Anfang gemacht, ging es schnell. Nach der Abnahme jedes Decks kamen neue Verbindungsschrauben zum Vorschein. Dennoch musste ich beim Trennen der Decks vorsichtig sein, da sie teilweise durch Stützen miteinander verbunden waren:



Die Freilegung bislang unzugänglicher Bereiche zeigte allerdings auch, wie sehr Schmutz und Feuchtigkeit dem Modell zugesetzt hatten:



Gelegentlich glänzte mir unter abgehebelten Teilen das unbeschädigte Material entgegen und vermittelte eine Ahnung davon, welche Pracht das Modell einst ausgestrahlt hatte:



Schließlich erwiesen sich auch die unmittelbar auf dem Rumpf liegenden Decks als nicht verleimt. Die Modellbauer hatten sie aus Nussbaumplatten hergestellt, die zu den Kanten hin dünner geschliffen waren, um eine Balkenbucht zu simulieren. Ein Trick, den man sich vielleicht merken sollte:



Nach Art der Zeit waren die Plankenverläufe mit Tusche auf das Holz gemalt. Aber die Feuchtigkeit hatte den schützenden Lack so sehr angegriffen, dass mir schon nach ersten Versuchen klar wurde: Ich musste die Teile gründlich abschleifen, um sie dann neu gestalten zu können.



Und so sah der Rumpf nach Wegnahme aller Beschläge, Decks, Aufbauten etc. aus. Ein Kenner versicherte mir, er sei aus Lindenholz gebaut. Tatsächlich roch er im Inneren ausgesprochen frisch. Schleifversuche an den Bordwänden brachten die ursprüngliche Farbe zum Vorschein, freilich auch eine Vielzahl von schweren Kratzern und Stoßspuren.





Dennoch fühlte ich mich nach den Tagen der Zerlegung imstande, die Arbeit zu bewältigen. Eben Teil für Teil. Damals wusste ich noch nicht, dass jede Arbeit, deren Aufwand mit zehn oder hundert multipliziert ist, eine rechte Belastung werden kann. Und einiges andere wusste ich auch noch nicht. Und das war gut so, weil ich noch eine Zeitlang vom Erfolg der "Dekonstruktion" zehren konnte.

Schmidt
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24

Freitag, 21. Juni 2013, 10:49

Moin Schmidt,

deine Ausführungen in der Vergangenheitsform sind total spannend geschrieben. Die Bilder, die du zeigst, sind super ausgewählt und vermitteln echt einen guten Eindruck von dem, was du vorgefunden hast.
Ich kann mir auch gut vorstellen, wie toll es gewesen sein muss, die unbeschädigten Stellen freizulegen und zu sehen, wie toll das Modell mal ausgesehen haben muss.

Beim Lesen habe ich eben gedacht, Mensch schade der Beitrag ist schon vorbei, eigentlich will ich, dass es weitergeht. Aber ich bin geduldig und freue mich auf jeden weiteren Teil deines Berichts :ok:

LG :wink:
Marcel

25

Samstag, 22. Juni 2013, 13:26

Auch ein gründliches Abschleifen des Rumpfes reichte für eine Neulackieung leider nicht aus. Das Modell war in den letzten Jahrzehnten unfachgemäß gelagert worden, na ja, es hatte auf einem Dachboden gestanden, der feucht war; und schließlich hatten, wie mir der Vorbesitzer gestand, schwere Sachen darauf gelegen. Sprich: das Modell war (obwohl das Holz nicht eben weich ist) voller Kratzer und Dellen.
Vorne war der Kiel zerbrochen und musste rekonstruiert werden. Ich habe das mit einer eingeschnittenen Leiste gemacht, die Spalten habe ich später mit Spachtelmasse gefüllt. Eleganter wäre es gewesen, eine entsprechende Leiste zu sägen. Aber da der Rumpf sowieso an Hunderten von Stellen gespachtelt werden musste, habe ich es so gemacht:



Hinten fehlte eine Art Flosse, die die Schrauben schützt.



Ja, und dann mussten besagte 5 Fantastillarden Kratzer und Dellen gespachtelt werden. Hier zeigte sich erstmals, dass ein Modell von 160 cm Länge definitiv mehr Arbeit macht als eines von 60.



Aber irgendwann war es soweit, dass ich bloß noch auf einen warmen und windstillen Tag warten musste und darauf, dass die Spraydosen mit meinem Lieblingsgrundierer gründlich durchgeschüttelt waren. Erst sah es so aus:



Und eine halbe Stunde später so:



Das war ein großer Moment, aber ich bekam auch einen gelinden Schock. Zum ersten Mal nach drei Jahren (ich hatte nicht kontinuierlich an der Restaurierung gearbeitet) war die historische Anmutung des Rumpfes verschwunden. Stattdessen sah er aus wie frisch aus dem Laden. Daran musste ich mich gewöhnen.
Diese Gewöhnung wurde allerdings "erleichtert" durch eine genaue Kontrolle des Ergebnisses: Viele Kratzer waren verschwunden, aber nun wirklich nicht alle!!



Weiter ging es, mit immer feineren Schleifmitteln, bis ich den Rumpf so glatt glaubte wie diese Sachen, mit denen man glatte Rümpfe immer vergleicht.



Freilich trat in diesem Zustand auch schonungslos zu Tage, dass sich die Modellbauer vor 100 Jahren nicht die allergrößte Mühe gegeben hatten, alle 520 Bullaugen genau in Fluchtlinie zu bohren. Mich stellte das vor die Frage, was tun: streng den Urzustand rekonstruieren, oder auch den zu verändern/verbessern. (Diese Frage ist später immer wieder aufgetaucht!) Ich entschied mich für den berühmten Mittelweg und korrigierte ein paar gar zu aktive "Ausreißer".



Schmidt
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26

Samstag, 22. Juni 2013, 14:37

top job schmidt! ich frag mich gerade, welche mucke da wohl aus deinem ghetto-blaster tönt?
LG der roland

27

Samstag, 22. Juni 2013, 15:04

@Roland, er hört bestimmt SWR1, mit Herbert Roth und den Rennsteigbeathles :tanz:
:ok: Gruß Heiko :ok:
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28

Sonntag, 23. Juni 2013, 18:01

So, ich hab das gegoogelt, weil mir das nichts sagte.
Wohin bitte darf ich jetzt meine Sekundanten schicken??
Schmidt
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29

Sonntag, 23. Juni 2013, 18:08

nach dusslingen! nach dusslingen!!!

Beiträge: 2 035

Realname: Matthias

Wohnort: Schwetzingen, Baden-Württemberg

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30

Sonntag, 23. Juni 2013, 18:49

Voll interessanter Baubericht und sauspannend :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: für solche Aktionen braucht man auch echt Cojones :respekt:
Einfach mal machen! Könnte ja gut werden.


Fertig:
H.M.S. Prince 1670 , Millenium Falcon von mpc

Im Bau:
Soleil Royal Holzmodell 1:140

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