Ich hatte ja angekündigt, die Erstellung von Polydecks noch einmal auf dem momentanen Stand der Technik zu erläutern. Also los.
Hier zunächst die wichtigsten Werkzeuge:
- Schneideklinge (scharf)
- zwei Zahnarztinstrumente, ein Scaler mit einem etwas breiteren V in der Spitze und dieser orale Schmerzgefühle ausstrahlende Doppelhaken
- ein, nun ja, Schleifstift, mit dem man sehr gezielt und präzise arbeiten kann.
Und jetzt die Abläufe:
Kopie des Decks aufkleben und Fugen und Stöße sorgfältig durchritzen:
Die zerschnittene Kopie blättert ab, weil nur mit UHU-hart aufgeklebt:
Anschließend dienen die Ritzen im Poly als "Führungsschiene" für die Scaler. Ich beginne mit dem Haken und setzt später ggf. den V-Scaler ein. Vorsicht! Bei geraden Fugen besser zusätzlich ein Lineal anlegen. Kleine Ungeradigkeiten habe ich toleriert, immerhin handelt es sich um ein Schiff des frühen 17. Jahrhunderts, da wird nicht alles absolut gerade gewesen sein.
An den gravierten Deck kann man lange arbeiten, bis es gefällt. Es hilft, zwischendurch schwarze Farbe in die Ritzen zu reiben um zu sehen, ob alles passt. Am Schluss graviere ich eine "Maserung" ein, indem ich das Deck mit Schleifpapier Stärke 80 oder 120 gleichmäßig und in einer Richtung abstreiche. Auch das lässt sich mit verdünntem Schwarz kontrollieren.
Dann bringe ich eine unverdünnte wasserlösliche schwarze Farbe (Plaka o.ä.) in die Ritzen und Fugen, mit einem Lappen und einer kleinen Bürste. Die Farbe wird regelrecht eingerieben und von den Oberflächen anschließend wieder entfernt. Ein intensiver Vorgang, bei dem nebelfeuchte, d.h. zungenbefeuchtete Lappen zum Einsatz kommen.
Danach sieht das Deck so aus:
Könnte man auch schon so lassen?
Nein, gefiele mir nicht, aber ich wusste nicht warum. Deshalb habe ich den Restaurator zugezogen. Ist zu bläulich, sagte er als mein Farbberater. Mit ihm zusammen habe ich dann eine Poly-Holz-Musterkarte erstellt, die ich hier exklusiv zeige:
Es handelt sich um Ölfarben der Firma Schmincke, teils verdünnt, teils unverdünnt auf ein Probedeck aufgetragen.
1. Lasurocker
2. Siena
3. Goldocker
4. Vandyckbraun in versch. Verdünnungsgraden
5. Umbra grünlich unverdünnt
6. Umbra grünlich verdünnt
7. Umbra grünlich, 1:3 gemischt mit Schwarz, stark verdünnt.
Und Nummer 7 ist es dann auch geworden. Damit wird das Deck Planke für Planke überpinselt. Und jetzt der Knaller: Die Farbe tönt durchaus die Fläche, beeinträchtigt aber nicht die Wirkung der bereits schwarz ausgelegten Fugen und der "Maserung". Man könnte das Verfahren eine Art "pre-shading" (aus der Airbush-Technik) nennen, aber trifft es nicht so ganz. Ich habe so noch nie gearbeitet und bin absolut begeistert von der Technik und den Ergebnissen. Ich habe mich für eine "trockene-Teak-Variante" entschieden, man kann aber auch die wärmeren Brauntöne für ein Deck wählen. Da mir eine Art 3-dimensionales Barockgemälde vorschwebt, orientiere ich mich eher an den Farben der Originale. Man schaue sich z.B. die Decks der Batavia an.
Hier ein Bild des schon fast getrockneten Decks. Leider changiert beim Fotografieren von Bild zu Bild der Ton. Im Bild oben zu grünlich, unten zu bläulich.
Demnächst Teil 2 zu den Schotten und dem Umgang mit unverdünnter Ölfarbe.
Schmidt