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Gestern, 18:53

Feinguss statt Feile – Detaillösung für komplexe Kleinteile im Maßstab 1:48

Vor Kurzem erhielt ich von der Schmuckgießerei Bernhard Kauselmann GmbH & Co. KG aus Pforzheim eine Silikonform zurück, die ich 2013 für die Rohrlager meiner Karronaden der französischen Korvette La Créole (1827) hatte anfertigen lassen. Die Firma sendet Formen zurück, wenn über fünf Jahre keine Auftragsaktivität erfolgt ist – ein Anlass, dieses Thema nochmals aufzugreifen und als Tipp für den historischen Schiffsmodellbau zu teilen.


Ausgangslage:
Für mein Modell im Maßstab 1:48 benötigte ich 20 Rohrlagerpaare für die 30-Pfünder-Karronaden. Um den gewünschten authentischen Metallcharakter zu erzielen, entschied ich mich für brüniertes Messing. Aufgrund der komplexen Form war eine Einzelanfertigung aller 40 Teile per Fräsen und Feilen nicht praktikabel – lediglich die Prototypen entstanden auf diesem Weg.

Der Weg zum Messingfeinguss:
Die Idee zum Feinguss entstand vermutlich aus Gesprächen mit erfahrenen Modellbaukollegen. Nach Recherche stieß ich auf die Schmuckgießerei Kauselmann, die sich auch auf Modellbaufeingussteile spezialisiert hat. Die Preise waren angemessen, und gearbeitet wurde mit dem Wachsausschmelzverfahren:

• Zunächst wurden Urmodelle aus Messing gefertigt – ein linker und ein rechter Lagerblock.


• Daraus entstanden Silikonformen, die mit Spezialwachs ausgegossen wurden.


• Die Wachsmodelle dienten als Vorlage für den Messingfeinguss.



Alternative: 3D-Druck
Theoretisch wäre auch ein digitaler Entwurf mit 3D-Druck möglich gewesen – damals jedoch noch wenig verbreitet und für mich mangels CAD-Kenntnissen keine Option. Da ich den Anspruch habe, möglichst viel selbst zu fertigen, blieb der klassische Weg über Handarbeit und Gießerei.

Bauteil am fertigen Modell
Hier noch zwei Bilder der fertigen 30 Pfünder-Karronade der La Créole, wovon sie 20 Stück an Bord hatte.




Und zu guter Letzt ein Bild, wo ich das Modell mit einer Originalaufnahme einer Karronade vergleiche.



Fazit
Die Herstellung von Kleinteilen wie Rohrlagern im Maßstab 1:48 stellt hohe Anforderungen an Präzision, Materialwahl und Wiederholbarkeit. Der Einsatz von Messingfeinguss bietet hier eine überzeugende Lösung: Er verbindet handwerkliche Eigenleistung bei der Urmodellfertigung mit professioneller Reproduktionstechnologie. Für mich war es der ideale Weg, um eine größere Stückzahl komplexer Bauteile in gleichbleibender Qualität zu realisieren – ohne dabei den Anspruch auf Eigenbau aufzugeben.

Ich hoffe, dieser Erfahrungsbericht inspiriert andere Modellbauer, bei ähnlichen Herausforderungen neue Wege zu gehen – sei es über Feinguss, 3D-Druck oder andere Techniken. Wichtig ist, dass das Ergebnis überzeugt – und der Weg dorthin Freude bereitet.

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